Von einer „Zwei-Klassengesellschaft“ wurde gestern gemurrt, da Norbert Steger als Vorsitzender und Franz Medwenitsch als dessen Stellvertreter neben Generaldirektor Alexander Wrabetz im ORF-Zentrum saßen, dem Rest des obersten Aufsichtsorgans aber nur ein Zutritt per Skype gewährt war. „Ich fühle mich als Stiftungsrat diskriminiert und beleidigt. Ist das jetzt eine Faschingssitzung oder Aufsichtsrat“, schimpfte Kärntens Siggi Neuschitzer und erklärt: „Ich wäre wie viele Kollegen aus den Bundesländern gerne und selbstverstänldich angereist, aber man hat uns gesagt, dass eine örtliche Zusammenkunft auf dem Küniglberg nicht möglich ist. Was soll jetzt dieses Theater aus der Ferne?“

Kamen live zusammen: Franz Medwenitsch, stellvertretender Vorsitzender, ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz und Stiftungsrat Norbert Steger
Kamen live zusammen: Franz Medwenitsch, stellvertretender Vorsitzender, ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz und Stiftungsrat Norbert Steger © APA/ORF/THOMAS RAMSTORFER

So ließ etwa Stiftungsrat Heinz Lederer festhalten, dass der ORF es künftig wieder ermöglichen muss, dass alle in adäquaten Räumlichkeiten zusammen kommen können. Im virtuellen Raum wurde immerhin vereinbart, dass sich in der Woche vor der Generaldirektorenkür (10. August) die Bewerber mit ihren Konzepten auf ORF III vorstellen werden. Das ist nicht neu: Wrabetz und Richard Grasl traten im August 2016 auch vor die Kamera. Von türkiser Seite wurde dieser Plan nicht begeistert aufgenommen, man befürchte „eine Wahlkampfshow“. Es ist indes ein öffentliches Hearing.

Von bürgerlichen Stiftungsräten verfasst war hingegen ein umfangreicher Fragenkatalog an den amtierenden Generaldirektor, der sich vor allem dem multimedialen Arbeiten am künftigen ORF-Campus widmete. Unter den Fragen: „Wie werden die Auswirkungen der Zusammenlegung der Radio-, Fernseh- und Online-lnformation auf Themen- und Meinungsvielfalt sowie Binnenpluralismus gemonitored und analysiert?“ Und: „Welche strukturellen Maßnahmen werden gesetzt, um Themen- und Meinungsvielfalt zu sichern bzw. auszubauen?“

Die Führung des multimedialen Newsrooms sollen drei bis vier Leitungspersönlichkeiten „gleichrangig“ übernehmen, erklärte Wrabetz. Entscheidungen sollen aber weiterhin in „sehr hohem Ausmaß“ auf niedrigeren Ebenen fallen. Wer den Newsroom führt, wird Ende des Jahres verkündet, im Laufe des zweiten Quartals 2022 soll die Besiedelung starten.
Man habe bereits 45 Workshops mit 500 Teilnehmern, multimediale Schulungen mit rund 800 Teilnehmern und zahlreiche Job-Rotationen durchgeführt, um die Mitarbeiter vorzubereiten.