Wenn oe24 sich um ein anderes Medium sorgt, ist Vorsicht geboten. Über Puls24 war von „gestern nur noch 0,3 Prozent Marktanteil“ zu lesen: „In vielen Zeitzonen liegt der Sender überhaupt sogar bei 0 Zusehern, ist defacto also nicht mehr messbar.“ Die Teletest-Ergebnisse für den Mai attestieren dem erst 2019 gestarteten Newcomer allerdings 0,5 Prozent – und oe24.tv 1,2 Prozent Marktanteil.

Letzteres ist zwar ein viel größeres Kuchenstück, basiert aber auf bald fünfjähriger Marktpräsenz des Fernsehsenders aus dem Medienhaus der Familie Fellner. Das schon 2011 gegründete ORF III hat rund doppelt so viel Marktanteil wie oe24.tv. Die Bissigkeit gegenüber Puls24, dem bereits vierten österreichischen Fernsehangebot des deutschen Konzerns ProSiebenSat.1 verblüfft angesichts der Mini-Quoten für diese Spartensender. Eine Erklärung dafür liefern das im internationalen Vergleich noch große Publikumspotenzial und ihre Rolle im Gesamtangebot der jeweiligen Medienhäuser.

ORF III, das seinen Geburtstag am Nationalfeiertag ausgerechnet mit Fellners bundesweitem Radio Austria (*2019) teilt, spielt im öffentlich-rechtlichen TV-Portfolio bereit eine fast so starke Rolle wie Ö1 im Hörfunkangebot. Unter Ingrid Thurnher sorgte es im Vorjahr schon für acht Prozent der Quote seiner Senderflotte. Der ORF weist diesen Marktanteil nicht aus, um keine schlafenden Hunde bei privaten Mitbewerbern zu wecken. Das Gleiche gilt für sein Sport plus, das aber weniger Marktanteil als Puls24 hat. Es wiederum ist neben seiner Einzelstellung die Info-Zentrale für die Gruppe mit Puls 4, ATV und ATV II. Letztere müssen nach ihrem Zukauf 2017 jedoch eine eigene Redaktion behalten.

oe24.tv hingegen komplettiert bei der Familie Fellner das Multimedia-Portfolio: Kauf- und Gratis-Tageszeitung, Beteiligung an Magazinverlag, Radio, Websites und Fernsehen. Die Startankündigung 2016 klang dabei haustypisch qualitätsvoller als die schrille Umsetzung zum Bewegtbild-Boulevard. Doch Wolfgang Fellner hatte auch wieder einmal die richtige Geschäftsidee zur richtigen Zeit.

Mittlerweile schaut schon jeder fünfte Österreicher zumindest einmal pro Woche einen 24-Stunden-Nachrichtensender. Im internationalen Vergleich ist das aber noch ein großer Rückstand. Der globale Digital News Report kommt auf einen Durchschnittswert über 35 Prozent. Deshalb vermarktet sich das ohnehin etwas breiter aufgestellte ORF III so zurückhaltend und ist das Permanenz-Info-Match von oe24 und Puls 24 so heftig. Ihre Sparte zählt zu den wenigen Medienbereichen in Österreich, deren Publikumspotenzial bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist.

Peter Plaikner ist Politikanalyst und Medienberater mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.