Nur zwei der bisherigen 21 Folgen des „ZDF Magazin Royale“ hatten einen Austro-Schwerpunkt. Die Late Night Show von Jan Böhmermann entspricht thematisch also dem 1:10-Verhältnis zwischen Österreich und Deutschland. Dass dieses TV-Nordlicht dem Nachbarn im Süden überhaupt Beachtung schenkt, ist aber nicht nur Absonderlichkeiten vom Ischgler Après Ski bis zum Wiener Politparkett geschuldet. Dafür sorgen auch das einschlägig versierte Team und die Angebotslücke im hiesigen Fernsehprogramm. Erst die Kombination dieser Faktoren beschert weit überproportionales Interesse, sobald der Brachial-Satiriker auf dem Ösi-Klavier zu spielen beginnt.

Die Ursache der Sensibilität liegt im 13. April 2019, als Böhmermann per Video-Botschaft die heimische Glückseligkeit zur Romy-Verleihung in der Staatsoper störte. Was ursprünglich bloß wegen seiner Attacke auf die Regierung diskutiert wurde, entpuppte sich sechs Wochen später als frühes Wissen um das Ibiza-Video. Damit hatte die politische Relevanz des unbarmherzigen Multitalents auch Österreich eingeholt.
Seitdem steigt die Nervosität schon durch Stichwort-Ankündigungen wie Ischgl und Blümel. Die Vorabvermarktung übertraf zwar den Neuigkeitswert beider Sendungen, doch auch Gegner der harten Tour im Unterhaltungsgewand würdigen Recherche und Zuspitzung. Das ist Hanna Herbst und Christoph Schattleitner zu verdanken. Er kommt aus Österreich, seine Chefin vom Dienst hat hier lange gelebt und gearbeitet. Zusammen sind sie die Hälfte der Kernredaktion hinter dem „ZDF Magazin Royale“.

Dies widerspricht der Fama, solch ein Programm brauche enorme journalistische Ressourcen. Und das wiederum führt zur Lücke im ORF, wo „Gute Nacht Österreich“ zuletzt Ende Jänner gezeigt wurde.
Peter Klien hat damit über eine Viertelmillion Zuschauer und bessere Marktanteile als Böhmermann erreicht. Für ihn besorgte die Rechercheplattform „Dossier“ jene Zahlen, Daten und Fakten, durch die Satire besonders wehtut. Manchen war das zu schmerzhaft. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Klien deshalb vorerst bis Herbst pausieren muss – wenn die ORF-Wahl vorbei ist.

Diese Selbstzensur ist Selbstbeschädigung. ORF 1 benötigt jüngeres Publikum. Böhmermann ist bei ihm Marktführer. Klien könnte das – wie Stermann & Grissemann am Dienstag – auch sein. Doch sein Sender steht in Sachen Politsatire unter dem begründeten Generalverdacht des vorauseilenden Gehorsams. Wenn der ORF zukunftsfähig sein will, braucht er mehr Widerständigkeit.
Peter Plaikner ist Politikanalyst und Medienberater mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.