In einem kurzfristig einberufenen Pressegespräch hat ORF-Chef Alexander Wrabetz angekündigt, für eine weitere Periode als Generaldirektor des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu kandidieren. Die Wahl findet traditionell im August, diesmal am 10. August, statt. Der Schritt kam nicht überraschend.

Die Chancen, dass Wrabetz im Stiftungsrats wiedergewählt wird, sind durchaus intakt. Zwar verfügt die ÖVP über eine Mehrheit im obersten ORF-Gremium, Wrabetz war bei seiner ersten Wahl gegen den Willen der Volkspartei eingesetzt worden, in der Zwischenzeit hat sich die Stimmung gedreht. Bei der letzten Wahl hatte sich die ÖVP noch für den einstigen  ORF-Finanzchef Richard Grasl starkgemacht. Die Kür des obersten Verantwortlichen im ORF ist in Österreich traditionell eine politische Entscheidung, die enge Verschränkung mit der jeweiligen Regierung legendär.

In Medien ist in den letzten Tagen immer wieder Grasls einstiger Bürochef Roland Weißmann ins Spiel gebracht worden. Auf diese Spekulationen angesprochen meinte Wrabetz, er habe keine Hinweise, dass in der ÖVP eine solche Entscheidung gefallen sei. Wrabetz hatten in den letzten Wochen die Gemengelage bei allen Stitftungsräten sondiert.

Warum Wrabetz trotz ÖVP-Mehrheit gute Chancen hat

In ÖVP-nahen Kreisen schließt man aus zwei Gründen eine Verlängerung nicht aus: Ein eigener ÖVP-Kandidat käme einer koalitionsinternen Kampfkandidatur gleich und könnte das Klima mit dem grünen Koalitionspartner verschlechtern. Vor allem will sich ÖVP-Chef Sebastian Kurz in der nationalen wie auch der internationalen Öffentlichkeit nicht den Vorwurf einhandeln, auf den Spur von Viktor Orban zu wandeln, deshalb wäre die neuerliche Bestellung von Wrabetz - siehe Bruno Kreisky und Gerd Bacher - ein geschickter Schachzug.

Sonder-Zib mit Kurz-Interview

Wrabetz hatte in den letzten Monaten mit Zugeständnissen an die Volkspartei - Stichwort Sonder-Zib zur Corona-Krise inklusive Kanzler-Interview - aufhorchen lassen. Diesen Schritt begründete  Wrabetz im Pressegespräch mit der Corona-Ausnahmesituation. Es sei alles im Einvernehmen mit dem Chefredakteur und dem Channel-Manager passiert. Es liege auf der Hand, dass es dann auch ein "Interview mit der Person, die maßgeblich für das Management der Krise verantwortlich ist, gibt."