Der österreichische Presserat wird zuweilen als zahnlos kritisiert, wenn es darum geht, unredliches journalistisches Verhalten zu tadeln. Die Sanktionsmöglichkeiten sind beschränkt und zielen in erster Linie darauf ab, redaktionelle Verstöße öffentlich auszustellen.

Die Arbeitsweise dieser Institution ist dabei gründlicher und bedächtiger als die öffentliche Meinung: Als Boulevard-Medien in der schrecklichen Wiener Terrornacht online stundenlang Videos zeigten, auf denen der Mord an einer jungen Frau und der Beschuss eines Polizisten zu sehen waren, empörten sich viele in Österreich. Gewalt in der Dauerschleife, alles für die Quote.

1500 Beschwerden, mehr als je zuvor, gingen beim Presserat ein. Fast vier Monate später veröffentlichte das Organ nun sein Urteil und rügte „oe24.at“ und „krone.at“. Konkret seien bei der Terror-Berichterstattung der Persönlichkeitsschutz und das Recht auf Intimsphäre missachtet worden.

Wolfgang Fellner, Oe24.at-Geschäftsführer und „Österreich“-Herausgeber, tobt, spricht von einem „totalen Fehlurteil“, droht mit einer Klage (weil laut ihm die Videos nur auf oe24.tv und nicht auf oe24.at zu sehen gewesen seien) und dem Austritt aus dem Presserat. Die überschießende Reaktion zeigt: Ganz so zahnlos ist dieser Rat wohl doch nicht.