Als wir ihn das letzte Mal trafen, im Juli 2018, um ihn für unsere Zeitung zu einem „Steirer des Tages“ zu machen, da merkten wir sofort: Werner Haas ist ein freundlicher Mensch. Er lacht gerne, und seine Sicht der Dinge ist geprägt von Großzügigkeit, Großherzigkeit.

Der Grazer hatte an der Karl-Franzens-Universität in Germanistik promoviert. Nach einem Fulbright-Stipendium 1951/52, einem der ersten für einen Österreicher, wanderte er vier Jahre später in die USA aus. Zunächst lehrte er Deutsch am Hopkins Grammar Springfield College und an der Universität von Amherst/Massachusetts, dann 28 Jahre lang bis zu seiner Emeritierung 1997 als weitum beliebter und geschätzter Professor an der Ohio State University. Die von ihm verfassten Lehrbücher wie „Die Deutschen und die Oesterreicher“ (1969) oder „Deutsch für alle. Beginning College German: A Comprehensive Approach“ (1980, 1983, 1987, 1993 in vierter Auflage) verkauften sich in aller Welt.

Das Unterrichten war Werner Haas schon in die Wiege gelegt: Sein Vater war Direktor der Elisabethschule gewesen. „Der wurde 1977 zum ,Bürger der Stadt Graz’ ernannt. Und hat mir nicht einmal davon berichtet, so unwichtig erschien ihm das“, schilderte Haas, dessen jüngerer Halbbruder Gerald ebenfalls unterrichtete, nämlich Deutsch und Sport am Akademischen Gymnasium und Fachdidaktik Deutsch an der Karl-Franzens-Universität.

Werner Haas war seit jeher auch Sportfan. Zuvor schon als Student beim Sender „Alpenland“ als Sportberichterstatter tätig, hatte er 1950 als Mitglied der Turn-Nationalmannschaft an der Weltmeisterschaft in Basel teilgenommen. Doch zur großen Leidenschaft wurde ihm neben Tennis das Skifahren. „Jedes Jahr sind Isolde und ich in unserem Apartment in den Rocky Mountains in Colorado. Keystone und Vail sind bekannte Orte mit Pisten von 3800 Metern abwärts“, schilderte er uns noch mit 90 stolz.

Wie Haas, der sehr gut Akkordeon spielte, 1983 zum American Institute of Musical Studies (Aims) kam, das seit 1970 Sommer-Workshops für Gesang, Klavier und Orchester anbietet, könnte im Märchenbuch stehen: Die damalige Chefin Irma Cooper fragte bei Professoren mehrerer Universitäten der USA an, ob sie denn Lust auf einen Zusatzjob im Sommer hätten. „Mich hat sie darauf aufmerksam gemacht, dass die Kurse in einer Kleinstadt irgendwo ,in the south of Austria’, stattfinden, und vermutlich hätte ich den Namen wohl noch nie gehört“, lachte Haas, als er uns die Episode erzählte.

Sportfan Werner Haas bei einem Familienfest zu seinem 90er
Sportfan Werner Haas bei einem Familienfest zu seinem 90er © privat

So also hatte Haas neben obligaten Besuchen bei seiner hier lebenden Familie einen Grund mehr, wieder in seine Geburtsstadt zurückzukehren. Dass im Aims-Programm die Didaktik des Sprachunterrichts mit Haas als Leiter einen gezielten Schwerpunkt fand, verstand sich von selbst. Zusammen mit drei weiteren Tutoren kümmerte er sich bis 2018 – also 36 Sommer lang - um die Studierenden, die ihre Deutschkenntnisse in den Kursen verbesserten.

Seine Frau Isolde hatte Cello studiert und war, da auch sonst eng mit Musik verbunden, besonders gerne mit ihrem Mann in Graz. Bei Aims betreute sie übrigens das Fach ,German diction’. „Wären wir nicht in die USA gegangen, hätte Isolde ein Jahr bei Pablo Casals in Prades in Südfrankreich studieren können“, verriet uns der Grazer, der „ohne es zu wollen, zu einem echten Auswanderer geworden war“ und die österreichische wie die amerikanische Staatsbürgerschaft besaß.

Werner Haas ist nun 93-jährig in Columbus/Ohio nach einem erfüllten Leben verstorben. Er hinterlässt seine Frau Isolde, seine drei Kinder Brenda, Arnold und Norbert, acht Enkelkinder und neun Urenkel.