PROXIMA

Bewertung: ****

Hochpolierte Heldengeschichten von Raumfahrern gibt es zuhauf. In Alice Winocours Weltall-Drama will eine Forscherin und Mutter (Eva Green) als erste Frau zum Mars fliegen. Die Mission bringt mit sich, dass sie ein Jahr lang von ihrer Tochter getrennt wird, auf diese soll der Vater (Lars Eidinger) aufpassen. „Proxima – Die Astronautin“ skizziert das harte ESA-Training im männlich dominierten Milieu, die überirdische Aufgabe der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, den Kampf für Ideale und wider Selbstzweifel. Statt großer Action stehen große Emotionen am Programm – dank furiosen Ensembles, u. a. Matt Dillon und Sandra Hüller, durch und durch glaubwürdig (js).

MINARI

Bewertung: *****

Es ist sein amerikanischer Traum: Ein Stück Land, eine Farm, Gemüse anbauen anstatt Küken zu sortieren, sein eigener Chef sein. Patriarch Jacob Li will sich etwas aufbauen, seiner Familie beweisen, dass er das kann. Er will endlich ankommen – im Amerika der Achtziger. Seine Frau hat sich diese Ankunft anders vorgestellt als ein Zuhause auf Rädern, irgendwo auf einer Wiese im US-Hinterland. Um die neue Heimat zu betreten, muss sie erst mal einen großen Schritt in den Trailer-Wagen machen. Regisseur Lee Isaac Chung hat in „Minari“ die Erinnerungen an seine eigene Einwanderer-Kindheit aufgearbeitet und erzählt die Story aus dem Blickwinkel des herzigen siebenjährigen Sohnes David (js). Eine ausführliche Kritik lesen Sie hier.

ALLES IST EINS. AUSSER DER 0.

Bewertung: ***

Was Internetpionier Herwart Holland-Moritz alias Wau wohl zur durchdigitalisierten Welt von heute sagen würde? Die Filmemacher Klaus Maeck und Tanja Schwerdorf beleuchten in ihrer vielschichtigen Doku das Leben und Wirken des 2001 verstorbenen Mitbegründers des Computer Chaos Clubs (CCC). „Gemeinsam können wir mehr wissen als alleine“, so das Credo des subversiven Netzphilosophen, der gemeinsam mit seinen Mitstreitern für die demokratische Nutzung von Informationen und Daten kämpfte – auch mit illegalen Mitteln. Der Preis dafür war hoch: Spektakuläre Hacks, die die Schwachstellen staatlicher Systeme aufzeigen sollten, rückten den Anfang der 80er-Jahre gegründeten CCC in ein kriminelles Licht und führten zu Verstrickungen mit Geheimdiensten. Die kritisch-kreative Hommage macht deutlich, wie wichtig in Zeiten von Big Data digitale Bürgerrechte und eine dezentrale Netzpolitik sind (jb).

NOW

Bewertung: ****

Zuerst auf der Straße, nun im Kino: Fotograf Jim Rakete hat die junge Protestkultur von „Fridays for Future“ & Co. weltweit porträtiert und ihren Aktivismus in fantastische, energiegeladene Bilder gegossen und durch Fakten der Forschung untermauert. Nebst den jungen Aktivistinnen und Aktivisten kommen auch ältere Semester einer prominenten Demonstrations-Generation wie Patti Smith oder Wim Wenders zu Wort (js).

WER WIR SIND UND WER WIR WAREN

Bewertung: ***

Rosemunde-Pilcher-Fan kommen in puncto Kreidefelsen und Badehäuschen in Seaford in East Sussex auf ihre Kosten – das Trennungsdrama wartet zudem mit Tiefenschärfe auf. Grace (Annette Bening) und Edward (Bill Nighy) sind seit 29 Jahren verheiratet, haben sich aber nichts mehr zu sagen. Als Edward ihren Sohn (Prinz Charles in „The Crown“) nach Hause beordert, lässt er die Katze aus dem Sack: Er wird seine Frau verlassen, er hat sich verliebt. William Nicholson zeigt die bitteren Seiten einer Ehe, inklusive großer Trauermomente. Am besten ist das solide, kraftvoll gespielte Drama, wenn es sich einer moralischen Wertung enthält und bitterböser Humor aufblitzt (js).

DIE PERFEKTE EHEFRAU

Bewertung: ***

Ende 1960 in Frankreichs Provinz: Paulette Van der Beck (Juliette Binoche) führt mit ihrem Mann und ihrer Schwägerin eine Haushaltsschule für potenzielle gute Gattinnen. Die Mädchen lernen bügeln, backen, putzen und wie man Männer glücklich macht und seine Ehepflichten erträgt. Einige starke Szenen wider Prüderie und Konservatismus, aber insgesamt tappt Filmemacher Martin Provost tappt oft in die Klischeefalle. Da hilft selbst eine Binoche nicht. Die finale Emanzipation im Plot bleibt auch mausgrau (js).

GENERATION BEZIEHUNGSUNFÄHIG

Bewertung: ***

Nur ja keine Beziehung: Frederick Lau und Luise Heyer spielen in „Generation Beziehungsunfähig“ zwei schöne, junge, charismatische Menschen, die sich manisch durch Berlin daten – und sich zwischen Sexdates und Wisch-Und-Weg-Romantik auf Dating-Apps doch noch verlieben. Trotz einiger Klischees, abgedroschener Phrasen und wenig überraschenden Wendungen im Plot hat die Tinder-Romanze als Milieu-Beschau dennoch einen gewissen Charme. Und Buhlschaft  Verena Altenberger ist auch mit von der Partie. (js)