Ein halbes Promille Alkohol im Blut fehlt uns Menschen zur Lebensfreude. Das zumindest glauben vier dänische Freunde in Thomas Vinterbergs Sozialdrama „Druk – Der Rausch“.
Martin ist Mitte 50, Vater zweier Kinder, Ehemann und Lehrer und sieht sein Leben quasi als Unbeteiligter an sich vorbeiziehen. Seinen Jugendfreunden Tommy, Nikolaj und Peter (Thomas Bo Larsen, Magnus Millang, Lars Ranthe) geht es als Lehrer und Menschen nicht anders. Alle vier gehen durch den Alltag, ohne Spezielles zu erleben oder noch viel von den kleinen Dingen zu spüren.
Nach einem Geburtstagsessen beschließen sie die These des norwegischen Psychologen Finn Skårderud über das Blutalkoholspiegel-Defizit als Experiment zu verifizieren und einen konstanten Pegel zu halten. Und siehe da: Plötzlich fließt nicht nur der Alkohol, sondern auch die Lebensenergie wieder.
Was nach einer albernen Altherren-Komödie klingt, wird in den Händen des einstigen Dogma-Regisseurs Thomas Vinterberg („Die Jagd“, „Das Fest“) zur hellsichtigen Sozialstudie, die meisterhaft von der existenzialistischen Tragikomik des Lebens erzählt.


Inspiriert ist es von einem Stück das Vinterberg während seiner Arbeit am Wiener Burgtheater geschrieben hatte und das mit vier Frauen als „Suff“ 2018 in den Kammerspielen uraufgeführt wurde. Im Film liegt der Fokus auf der männlichen Erfahrungswelt; Frauen spielen eindeutig eine Nebenrolle, etwa als Martins Ehefrau Anika (stark: Maria Bonnevie). Ob die männliche Midlife-Crisis mehr komödiantisches Potenzial hat? Oder der 52-jährige Regisseur Vinterberg unter der erfolgreichen Regisseur-Oberfläche doch von seinen eigenen Ängsten erzählt? Jedenfalls ist ihm zusammen mit einen phänomenalen Schauspielers und James-Bond-Bösewicht Mads Mikkelsen („Casino Royale“) in der Hauptrolle ein sensibler Ensemblefilm gelungen, für den er u.a. nebst Europäischem Filmpreis auch den Oscar als bester internationaler Film erhielt.
In seiner Dankesrede erzählte er seine persönliche Geschichte der Dreharbeiten zu „Druk“, die die die tragische Tiefe des Films erklärt.

Vier Tage nach Drehbeginn starb Vinterbergs Tochter bei einem Autounfall. Sie sollte im Film mitspielen und die Maturantinnen und Maturanten im Film besuchten mit ihr die Schule. Vinterberg nahm den Dreh nach einer Pause wieder auf und die Emotionen sind im Film spürbar. Die fantastische Schlussszene zum Song „What a Life“ ist das vielleicht berauschend-emotionalste Stück Kino seit langem. Auch, weil der ausgebildete Tänzer Mikkelsen tanzt.