„Der schaut aus wie ein Opfer!“ Und: „Haben Sie keinen besseren Job gefunden?“ Das Urteil der Jugendlichen über ihren neuen Lehrer Hannes Fuchs ist schnell gefällt. Der Fuchs ist neu im Bau. Dort, wo der Raum eng ist, der Ton rau und die Freiheit unterdrückt. Dort, wo nur das Drinnen existiert, das Draußen verdrängt oder herbeigesehnt wird. Dort, wo Strafen und Hänseleien an der Tagesordnung stehen und die Stärkeren normalerweise gewinnen.

Schmale Schultern, Schnauzer, schmächtige Statur: Auf den ersten Blick scheint der Fuchs (Aleksandar Petrovic) ein gefundenes Fressen für die Insassen und deren eigenwillige, sture Lehrerin Frau Berger (Maria Hofstätter) zu sein. Die beiden führen das fantastische Ensemble furios und auf hinreißende Weise vielschichtig an. Vieles bleibt angedeutet in diesem Film: Warum sich Fuchs ausgerechnet als Gefängnislehrer beworben hat etwa. Oder aber auch weswegen die Mädchen und Burschen genau hier sind. Lappalien, das ist bald klar, sind es keine. Spätestens, als die verschlossene Samira (unglaubliche Talentprobe: Luna Jordan) infolge eines sexuellen Übergriffs eine Prügelei anzettelt und in Isolationshaft muss. Langsam beginnt sie, Vertrauen zu Fuchs zu fassen.

Arman T. Riahis zweiter Spielfilm „Fuchs im Bau“ spielt in der Schule eines Jugendgefängnisses und erzählt auf aufregende, zutiefst berührende und dabei völlig klischeebefreite Weise die für das Gros unbekannte Geschichte eines Ortes, der zugleich fürs Eingesperrtsein und ein bisschen Freiraum hinter Gittern steht.

Frau Berger setzt nicht so sehr auf klassischen Frontalunterricht, sondern kontert der Aggressivität, Verzweiflung und dem Hormonstatus der Pubertät mit Farbe und Kunstunterricht, sie räumt in einer herrlichen Szene mit Klischees über Afrika auf, unternimmt unerlaubterweise Apfelstrudel-Exkursionen in die Haftküche und ist dem Personal der Justizwache (Karl Fischer, Andreas Lust, Lukas Watzl) wegen ihrer steten Aufmüpfigkeit ein Dorn im Auge.

Der Wiener Filmemacher mit iranischen Wurzeln erzählt eine Coming-of-Age-Geschichte unter erschwerten Bedingungen: nuanciert, empathisch und dennoch direkt. Er legt die Schwächen des Jugendstrafvollzugs offen und lenkt den Blick auf den Wert von Bildung. Die Bilder (Kamera: Mario Minichmayr) und der Soundtrack (Karwan Marouf) sind überwältigend. Ein kraftvoller Film in allen Farbschattierungen des Lebens. Beim Max Ophüls Preis in Saarbrücken wurde der Filmemacher für die beste Regie, das beste Buch und mit dem Preis der Jugendjury geehrt. Nach seiner Weltpremiere in Warschau ist der Film heute erstmals hierzulande auf der Leinwand zu sehen. Ab 18. Juni regulär im Kino.