Sie haben sich in das Mädchen mit dem Herald Tribune Shirt verliebt und stattdessen mich bekommen.” Die Schauspielerin Jean Seberg ist aber auch heute noch durch ihre berühmteste Rolle in Erinnerung. Jean-Luc Godard besetzte die Amerikanerin in seinem Nouvelle-Vague-Gangsterfilm „Außer Atem” von 1960.
Darin erträgt sie die Unstetigkeit ihres Ganoven-Lovers nicht mehr und verpfeift ihn. Er findet das „dégueulasse“. Abscheulich.
Die Filmbiografie „Jean Seberg – Against All Enemies“ widmet sich nur einem anderen abscheulichen Kapitel im Leben der jung verstorbenen Schauspielerin. Ende der 1960er pendelt Seberg zwischen Amerika und ihrer Wahlheimat Paris, wo ihr französischer Ehemann und ihr kleiner Sohn wohnen. Auf einem Flug lernt sie den Black-Power-Aktivisten Jamal Hakim kennen. Am Flughafen streckt sie demonstrativ mit den Kämpfern die Faust in die Höhe. Das genügt in den rassistisch aufgeladenen Zeiten, um ins Visier des FBI von J. Edgar Hoover zu geraten. Jean Seberg soll „neutralisiert” werden. Ihr Haus wird verwanzt und ihre Kontakte überwacht. Als gezielte Verleumdung machen Hoovers Agenten ihre Beziehung zum Afroamerikaner Hakim öffentlich und bringen falsche Gerüchte über eine Schwangerschaft in Umlauf. Diese Verfolgung ruiniert Seberg sowohl beruflich als auch psychisch.


„Jean Seberg” hatte vor genau einem Jahr beim Venedig Filmfestival außer Konkurrenz Premiere. Regisseur Benedict Andrews legt die wahre Geschichte zeitlich begrenzt an. Dafür nimmt er die zusätzliche Erzähl-Perspektive eines jungen FBI-Agenten hinzu, der zusehends Gewissensbisse bekommt. Das Hochglanz-Biopic wirkt recht unentschlossen zwischen Überwachungs-Krimi und Drama. Mit Kristen Stewart ist die Rolle der berühmten Kollegin stark besetzt. Ebenfalls vom Teenie-Star zur ernsthaften Schauspielerin gereift, passt ihr die Rolle perfekt.

Ihr Fall zeigt vor allem, wie sie als berühmte Frau den Verleumdungen doppelt schutzlos ausgeliefert war. Als sie mit nur 40 Jahren in Paris durch Suizid stirbt, gibt ihr Ehemann dem FBI die Schuld daran.
Sowohl der Kampf des Establishments gegen afroamerikanischen Aktivismus als auch der Missbrauch staatlicher Überwachung scheint aktuell wie nie. „Jean Seberg - Against All Enemies” erinnert also nicht nur an die tragische Biografie einer ikonischen Schauspielerin.