Der schönste Platz auf Erden

Bewertung: ***

Laut burgenländischer Landeshymne ist Pinkafeld „der schönste Platz auf Erden“. Ein 5500-Seelen-Nest, in dem es zwar „viel Durchreise-Verkehr gibt“, es sonst aber eher „langweilig“ sei, wie eine junge Landwirtin anmerkt.
Die Filmemacherin Elke Groen rückt Pinkafeld stellvertretend für den Mikrokosmos Österreich in den Kamerafokus ihrer gleichnamigen Doku, um die politischen Verhältnisse inklusive Machtverschiebungen, Polarisierung und Spaltung des Landes zu verdeutlichen. „Kein Film über Norbert Hofer“ heißt es im Untertitel. Dennoch erlangte der Ort 2016 wegen seines prominentesten Einwohners, der damals in einer SPÖ-Gemeinde als FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat antrat, einen gewissen Ruhm. 70 Prozent der Bevölkerung standen hinter dem rechtskonservativen Politiker, dem aktuellen FPÖ-Chef.


Eingangs sieht man den fast schon absurd anmutenden internationalen Medienauflauf. Ein Journalist fragt Norbert Hofer: „Ist das das Österreich, das Sie erhalten wollen?“ Und der antwortete: „Ja, so sollte das Österreich sein, das ich erhalten will.“ Von 2016 bis 2019 hat Elke Groen den Menschen in Pinkafeld zugehört: in Wirtshausstuben, auf Bänken unter Bäumen, im Hochsitz, in der Disco, beim Kuhfladenbingo oder im Wohnzimmer einer syrischen Familie. Sie nähert sich ihren Protagonistinnen und Protagonisten – viele davon atypische FPÖ-Sympathisanten –, fragt unvoreingenommen, aber auch kritisch, wenn es sein muss. Zwischen Perchtenlauf, Pressekonferenzen, Erste-Mai-Reden und Gänseschnattern findet Groen im kleinen Ort große und vielschichtige Einblicke in die Gesellschaft. Es stecken viele Wahrheiten in diesem Film – und das ist wunderbar.

Über die Unendlichkeit

Bewertung: ***

2014 holte der Schwede Roy Andersson mit „Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach“ den Goldenen Löwen von Venedig. Während die Corona-Ausgabe am Lido über die Bühne geht, kommt sein neuer Film „Über die Unendlichkeit“ in die heimischen Kinos, der in Venedig voriges Jahr für die beste Regie ausgezeichnet wurde.
Erneut spielt Andersson mit aufwendig gestalteten statischen Tableaus in reduzierten Farbtönen. Dabei handelt es sich quasi um Kürzestgeschichten, die der langjährige Werbefilm-Regisseur hier in ebenso traurige wie witzige Szenen verwandelt. Ein Fischmarkt, eine Zahnarztpraxis und eine Bar werden von einem Ensemble stoischer Figuren bevölkert, die die finnischen Kaurismäki-Brüder nicht wortkarger hätten filmen können, bis doch die Absurdität des Daseins aus ihnen herausbricht. Am Ende läuft eine endlose Reihe gefangener Soldaten durch eine verschneite Winterlandschaft, der Ewigkeit entgegen.

The Photograph

Bewertung: ***

Ein Foto dient Drehbuchautorin und Regisseurin Stella Meghie als Kristallisationspunkt für ihre Liebesgeschichte im Smooth-Jazz-Stil. Nachdem der New Yorker Journalist Michael (Lakeith Stanfield) bei Recherchen in New Orleans über ein Foto aus den 80er-Jahren gestoßen ist, will er die Fotografin des Schnappschusses ausfindig machen. Da Christina aber bereits tot ist, wendet er sich an deren Tochter Mae (Issa Rae) – und verliebt sich in sie. Doch der Beziehung stehen Michaels Umzugspläne nach London und Maes schwieriges Verhältnis zu ihrer verstorbenen Mutter im Weg. Die Ursachen für die Mutter-Tochter-Entfremdung werden in Rückblenden in die Jetztzeit-Erzählebene eingebaut und dienen als Erklärung für Michaels und Maes Gefühlschaos. Im Gegensatz zu den dramaturgischen Schwächen der Hochglanz-Romanze überzeugen die authentischen Protagonisten und ein Soundtrack, der das Herz von Jazz-Fans höher schlagen lässt.

Love Sarah

Bewertung: ***

Drei Frauen, die in ihrer Trauer eines verbindet: Sie wollen Sarahs (Candice Brown) Lebenstraum erfüllen. Nach deren Unfalltod eröffnen ihre Tochter Clarissa (Shannon Tarbet), ihre Mutter Mimi (Celia Imrie) und ihre beste Freundin Isabella (Shelley Conn) im Londoner Stadtteil Notting Hill eine kleine Bäckerei. Da das ungleiche Trio nicht über das nötige Know-how verfügt, steht das Projekt zunächst unter keinem guten Stern. Das ändert sich, als wie aus dem Nichts Sarahs Jugendfreund Matthew (Rupert Penry-Jones) auftaucht, der in der Konditorei für kulinarische Highlights und bei Isabella für Herzklopfen sorgt. Regisseurin Eliza Schroeder setzt das vorhersehbare Drehbuch mit einem Mix aus Drama und Romantik um. Ernsthafte Konflikte und Tiefgründiges gibt es auf dem Weg zum unvermeidlichen Happy End kaum. Das filmische Resultat ist eine emotionale Wohlfühlgeschichte zwischen Cremetorten und Himbeer-Eclairs.