Diese Augen haben Leinwandgeschichte gemacht. Vielfach. Sie haben uns das Fürchten gelehrt, uns mit gebrochenen Charakteren mitleiden lassen und uns an die unschönen Ränder des amerikanischen Traums hingeführt.

Diese Augen gehören Robert De Niro, Al Pacino und Ray Romano, und endlich wird diesen Filmlegenden wieder einmal die große Leinwand aufgewartet. Martin Scorseses Mafiaepos „The Irishman“ ist eine langsame, intensive Erzählung über das Morden, das Machterhalten, das Mannsein und über Korruption einst und jetzt. Mehr noch: Der vielleicht melancholischste Film des Meisterregisseurs leuchtet das Altern in Einsamkeit aus, das Abschiednehmen ohne Reue und das Ungesagte zwischen diesen stechenden, traurigen und wutentbrannten Augen der Herrenrunde, der auch Joe Pesci und Harvey Keitel angehören.

Diese Augen sind alterslos, sie vermitteln wahnsinnigste Schauspielkunst auf engstem Raum. Die dazugehörenden Charaktergesichter wurden – es handelt sich um eine lange Generationengeschichte – digital geglättet, damit der 76-jährige De Niro auch als 40-Jähriger durchgeht. An die Optik der technisch verjüngten Helden, die mit ihrem echten Aussehen wenig gemein hat, muss man sich erst gewöhnen. An den Augen kann man sich festhalten – selbst wenn die Körper in einigen Szenen das Gewicht der Zeit nicht abschütteln können.

„Es ist, was es ist“, sagt einmal einer. Und weil es sich um die Mafia handelt, ist klar, was passiert: ein Mord. Einer von vielen.

Es ist, was es ist: Das könnte man aber auch als Abgesang auf eine großartige Ära in Hollywood deuten. Als Erinnerung an eine Zeit, in der es möglich war, solch ein Epos auf die Leinwand zu hieven. In diesem Fall musste bekanntlich Netflix einspringen. Insofern ist „The Irishman“ auch als ein letztes, lautstarkes, furioses Aufbäumen der alten, weisen Männer zu sehen.