Bewertung: ****

Es ist ein typisch österreichisches Soziotop und ein Ort für den vor Wahlen viel beschworenen „kleinen Mann“: der Schrebergarten. In das Setting der parzellierten Welt eines Kleingartenvereins pflanzt der Schauspieler und Autor Karl Markovics seinen dritten Film als Regisseur. Im Kammerspiel „Nobadi“ verhandelt er große Emotionen auf engstem Raum.


Ein alter, einsamer Mann (furios: Heinz Trixner) mit SS-Blutgruppentätowierung auf dem Arm will im Garten eine Grube für seinen toten Hund graben, eine wild gewucherte Baumwurzel erschwert ihm diesen Plan. Also engagiert er einen jungen afghanischen Flüchtling (herausragende Talentprobe: Borhanulddin Hassan Zadeh) für einen Hungerlohn. Es ist ein verstörend nüchterner, aber ein an Bildmetaphern reicher Film: Der eine hat eine kriegsverwurzelte Vergangenheit, die er wahrscheinlich nie aufgearbeitet oder hinterfragt hat, wofür es nun zu spät ist.

Der andere, entwurzelt, hat nach seiner Flucht eine ungewisse Zukunft noch vor sich. Eine Tätowierung trägt auch er: „Nobadi“ steht auf seinem Arm, also „Nobody“. So hat man ihn im Nato-Militärlager genannt.


Markovics und die schonungslose Kamera (Serafin Spitzer) wühlen im Verdrängen und Vergessen und in Reue, die Jahrzehnte zu spät kommt. Die Geschichte erinnert an eine Odyssee; Das Schicksal nimmt ungehindert seinen Lauf und ist durch nichts und niemanden zu bremsen. Ab dem Zeitpunkt, an dem sich diese Erkenntnis einschleicht, wird es wendungsreich, explizit und brutal. In einer Schlüsselszene liegt der Junge schwer verletzt auf einem Tisch. Um seine Geschichte zu erfahren, muss man hinschauen, denn sie läuft auf Dari über die Leinwand. Kein leichter Film, aber ein immens wichtiger.