Die Komödie "Der Boandlkramer und die ewige Liebe" war das letzte gemeinsame Projekt von Joseph Vilsmaier und Michael Bully Herbig. Dass Vilsmaier während der Dreharbeiten sterbenskrank war, wusste während des Drehs fast niemand. Umso größer der Schock, als Vilsmaier Anfang 2020 starb. Im Interview mit der dpa erinnert sich Herbig an diese besonderen Dreharbeiten und erzählt, warum er seinen guten Freund so vermisst und was ein Eisbecher damit zu tun hat.

Wussten Sie während des Drehs, dass Joseph Vilsmaier schwer krank war und bald sterben würde?

BULLY HERBIG: Wenn wir das gewusst hätten, wären wir befangener gewesen. Diese Leichtigkeit, mit der wir durch diesen Dreh gegangen sind, der Spaß und diese Freude daran, mit dem Thema Tod umzugehen - das wäre ganz anders gewesen, wenn Joseph uns gesagt hätte, dass es ihm nicht so gut geht und dass er nicht mehr so viel Zeit hat. Es war eine wunderbare Zeit, er hat das durchgerockt.

Hat er sich nie etwas anmerken lassen?

Es gab einen Moment in der Vorbereitung, bei dem ich stutzig wurde. Er wurde einmal kurz wehmütig und hat unter vier Augen gesagt, "Bully, du musst mir versprechen, wenn mit mir was sein sollte beim Dreh, dann musst du den Film fertig machen". Ich wusste erst gar nicht, was ich sagen soll, hab' ihn dann einfach in den Arm genommen und gesagt, "Hör auf, das machst du schon!". Ich habe es gedanklich so verortet: Er ist 80 und es kann ja immer irgendwas sein.

Schauspieler und Co-Regisseur Michael Bully Herbig
Schauspieler und Co-Regisseur Michael Bully Herbig © Imago

Was bedeutet Ihnen dieser Film?

Der Film wird für den Rest meines Lebens unvergesslich bleiben, weil das was ganz Außergewöhnliches war. Die Konstellation, das Emotionale, das Zusammenwachsen mit Joseph - das hat sich in den letzten eineinhalb, zwei Jahren massiv gefestigt und es wurde sehr familiär.

Wie würden Sie ihr Verhältnis zu Vilsmaier beschreiben?

Das war eine tolle Zweisamkeit, eine Herzlichkeit, das hatte etwas total Familiäres. Es hätte mich nicht gewundert, wenn mir irgendwann ein "Papa" rausgerutscht wäre, insofern kriegt dieser Film einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen.

Was vermissen Sie?

Ich habe mit dem Joseph gerne eine Zigarre gepooft oder wir haben Eis gegessen. Ich war so froh, dass ich jemanden gefunden habe, der mit mir abends ein Eis isst. Es gab "Birne Helene" oder "Heiße Liebe". Ich war auch schon an seinem Grab mit einer Zigarre und habe mich mit ihm unterhalten. Er hat einen Platz in meinem Herzen. Ich habe bewundert, mit welcher Energie er mit seinen 80 Jahren Filme gemacht hat. Und er konnte so herrlich schimpfen. Ich vermisse ihn als Freund und als Filmemacher. Trotzdem habe ich immer noch so ein Gefühl, als ob er noch da wäre, das ist auch schön.

Inwieweit hat bei Vilsmaier sein eigener, nahender Tod eine Rolle gespielt, als er den Film gedreht hat?

Ich glaube, dass er sich natürlich mit dem Thema beschäftigt hat. Er hat immer gesagt, wenn er nicht mehr drehen kann, dann will er nicht mehr. Letztendlich wollte er die Premiere noch erleben. Das hat er nicht geschafft. Aber er hat zumindest den fertigen Film im Feinschnitt gesehen. Das war auch der Moment, wo er losgelassen hat, weil er wusste, das ist sein letztes Baby, und damit ist er happy.

Teilweise dienten die Swarovski Kristallwelten im Tiroler Wattens als Kulisse. Bild von den Dreharbeiten mit Hape Kerkeling, Joseph Vilsmaier, Nadja Auermann und Michael Bully Herbig
Teilweise dienten die Swarovski Kristallwelten im Tiroler Wattens als Kulisse. Bild von den Dreharbeiten mit Hape Kerkeling, Joseph Vilsmaier, Nadja Auermann und Michael Bully Herbig © APA

Der Film hat eine tröstliche Botschaft - immerhin führt der Weg in den Himmel über die Berge, im Paradies gibt es barocke Kirchen und es wird bayerisch gesprochen. Wie gefällt ihnen dieses Bild?

Ich mag die Vorstellung, dass es so ist. Ich habe durch meine Rolle als Boandlkramer in "Die Geschichte vom Brandner Kaspar" schon vor Jahren die Möglichkeit gehabt, mich mit dem Tod auseinanderzusetzen. Ich parodiere den Tod nicht, ich interpretiere ihn. So stelle ich ihn mir vor. Das Schöne ist, dass mir keiner sagen kann, so ist es nicht. Das soll mir erst mal einer beweisen.

Und wie sehen Sie den Tod?

In meinen Augen ist der Boandlkramer eine arme Seele, die sich auch mal nach Gesellschaft sehnt. So eine Rolle zu spielen, macht auch Spaß. Da vergisst man, dass man den Tod darstellt, denn die Figur ist auch ein Sympathieträger. Ich glaube, dass Humor ganz stark dabei hilft, mit schwierigen Situationen klarzukommen. Die Auseinandersetzung mit dem Tod ist schon ein Stück weit die Königsdisziplin - wenn man ein Thema, das jeder gerne verdrängt, in den Mittelpunkt stellt und die Leute damit zum Lachen bringt.

Können Sie sich vorstellen, dem Boandlkramer noch einen dritten Film zu widmen?

Ich war nie ein großer Fan von Fortsetzungen. Aber der Boandlkramer, das ist eine endlose Geschichte, im wahrsten Sinne des Wortes. Das kann man schon noch weitertreiben. Ich mein, der Boandlkramer ist ja nur die bayerische Variante. Es gibt bestimmt eine Variante für den Sachsenhimmel oder den Schwabenhimmel. Vielleicht muss man die alle mal zusammenpacken, dann hat man sowas wie die Avengers!

Filmkritik

In Bayern führt der Weg in den Himmel über die Berge - zumindest in der Komödie "Der Boandlkramer und die ewige Liebe". Der letzte Film des 2020 verstorbenen Filmemachers Joseph Vilsmaier ist unterhaltsam und von leiser Wehmut durchzogen. Michael Bully Herbig gibt den personifizierten Tod, der sich auf der Erde in eine Frau verliebt, gespielt von Hannah Herzsprung. Mit dabei sind auch Hape Kerkeling als Teufel, Sebastian Bezzel und Götz Otto.

Eigentlich sollte die Komödie schon im Dezember ins Kino kommen. Der Start wurde aber wegen der Coronapandemie mehrmals verschoben. Nun läuft sie ab dem morgigen Freitag (14. Mai) beim Streamingdienst Amazon Prime. Für so manche Kinobetreiber eine herbe Enttäuschung.

"Der Boandlkramer und die ewige Liebe" ist einer der schönsten Filme von Vilsmaier ("Comedian Harmonists"), ein Abschiedsgeschenk an sein Publikum. Im Vorgängerfilm "Die Geschichte vom Brandner Kaspar" wollte ein Wilderer mit List und "Kerschgeist" weitere Lebensjahre herausschlagen. Dieses Mal hadert der Boandlkramer selbst damit, dass er Menschen in den Himmel oder die Hölle befördern muss, so wie es sein Chef will - Gott höchstpersönlich.

Denn als er den kleinen Maxl holen soll, verliebt er sich in Gefi, die Mutter des Buben. Fortan versucht er alles, um den göttlichen Plan zu durchkreuzen und Gefis Herz zu erobern. Damit er in Menschengestalt auf die Erde kann, lässt er sich gar auf einen Pakt mit dem Teufel ein.

Im realen Leben ist der Himmel im bayerischen Kloster Metten - ein Ort barocker Pracht mit prunkvoller Klosterbibliothek, Kirche und einem Rokoko-Festsaal, wo Rick Kavanian als Himmelspförtner Wache hält. Eine Behörde, wo die Wichtigen alle bayerisch sprechen. Und wo Gott als oberster Chef auch mal schlecht gelaunt und wütend sein kann, wenn die Buchhaltung der Lebenden und Toten durcheinandergerät.

Ganz anders die Hölle. Im blendend weißen Ambiente wacht hier Nadja Auermann als Teufelin über die Pforte. Die Hölle selbst ist ein Spiegelsaal, ein Showpalast und der Teufel ein singender, tanzender Entertainer. Kerkeling spielt ihn als Verführer und Schmeichler, mit samtweicher Stimme, wittert er doch das Geschäft seines Lebens, wenn er dem Tod das ewige, irdische Leben anbietet.

Das Drehbuch von Herbig, Marcus H. Rosenmüller und Ulrich Limmer ist witzig und charmant und bietet wunderbare Dialoge und Szenen. Etwa, wenn der Boandlkramer über sein wild klopfendes Herz beim Anblick Gefis sinniert. "Da flatterts richtig, als ob da lauter Stubenfliegen drin wären". Oder wenn er den Heiratsschwindler Gumberger (Bezzel) im Himmel vom Putzen der Kirche abhält und ihn bittet, ihn die Kunst der Verführung zu lehren: "Wer eine Frau zum Lachen bringt, der hat ihr Herz erobert", rät Gumberger. Doch der Witz des Todes ist fast schon rührend unbeholfen und so stellt der Boandlkramer ernüchtert fest: "Herrschaftszeiten, ist des kompliziert mit der Liebe!".

Es gibt viel zu lachen in diesem Film. Gleichzeitig steckt auch viel Melancholie darin, vielleicht auch, weil Sepp Vilsmaier während des Drehs schon schwer an Krebs erkrankt war und ahnte, dass er bald sterben würde. Ein Geheimnis, das nur wenige kannten.

Greifbar wird diese Wehmut etwa, wenn der Boandlkramer wie verzaubert neben Gefi steht und sie bewundert, während sie ihn nicht mal sehen kann, weil er für Menschen erst in der Stunde ihres Todes sichtbar wird. Ein liebender Blick von außen - wie der eines Sterbenden, der das Leben um sich herum betrachtet, das bald ohne ihn stattfinden wird. Nah und doch schon entrückt. Hört sich rührselig an, ist es auch - aber nur ein Stück weit. Vilsmaier inszeniert diese Momente zwar innig und ergreifend, vermeidet aber jede Schwülstigkeit und lockert die Stimmung auch wenig später wieder auf.