Ein Publikumsrenner sollte diese Produktion sein, dräute da nicht schon der vierte Lockdown. Regisseur Johan Simons, am Burgtheater erst unlängst mit Shakespeares „Richard II.“ zugange, hat dem Haus am Donnerstag Abend einen formidablen Horváth beschert: „Geschichten aus dem Wiener Wald“, radikal ausgelichtet und gegen den Strich gebürstet. Die Geschichte der jungen Marianne, die ihre halbherzige Verlobung mit dem Fleischhauer Oskar löst, als sie dem Tunichtgut Alfred begegnet, und dann für diesen radikalen Schritt aus der kleinbürgerlichen Gesellschaft noch und nöcher bitter bezahlt, ist bei Simons eine Art Naturstudie: Der Wiener Wald als Wildnis, die von Bestien bewohnt wird, von Kleinbürgern, die den Unbilden ihres Lebens nichts entgegenzuhalten gelernt haben als das eigene Ich. Vor allem die Männer handeln allesamt aus brutalem Eigennutz.