Zuerst und sofort und wohltuend fällt der Ton dieser Autorin auf, ihr Sound. Er ist raumgreifend, aber nicht besitzergreifend. Er ist gegenwärtig, aber nicht zwanghaft modern. Er ist unaufdringlich, dringt aber gleich mit den ersten Worten in den Lesekopf und in das Leseherz ein. Dort, in Kopf und Herz, ist dieser Birnbacher-Sound dann auf wunderbare Weise und völlig unaufgeregt tonangebend.


Birgit Birnbacher, die Bachmannpreis-Trägerin 2019, erzählt in ihrem Roman „Ich an meiner Seite“ von Arthur. Wäre es nach der Mutter gegangen, hätte Arthur Mario geheißen, aber der Vater, ein Offizier, findet, dass ein Mann wie ein Mann heißen muss. Also Arthur. Der Vater geht bald fort, Arthur und die Mutter bleiben. Der Name bleibt auch. Später wird die Mutter mit einem anderen Mann nach Spanien fortgehen, um dort eine Palliativstation zu eröffnen. Arthur geht mit und versucht, zwischen den Todgeweihten das zu werden, was sein Name angeblich verspricht: ein Mann.

Birnbachers Prosa ist glasklar, dennoch sieht man die Untiefen in ihrem Schreibsee erst spät. Oft zu spät. Arthur fällt, kommt ins Gefängnis und nach der Entlassung mit der Freiheit schlecht zurande. Der verhaltensoriginelle Therapeut Börd möchte, dass Arthur eine Art Fake-Profil von sich selbst erstellt. Schöner, besser, strahlender als das Original. Diesen Stuntman soll Arthur in die Lebensschlacht schicken. Natürlich scheitert dieses Experiment grandios. Doch aus der Versuchsanordnung wurde ein kluges, aber nie allwissendes Buch.

Buchtipp:

Birgit Birnbacher: "Ich an meiner Seite". Zsolnay, 272 Seiten, 23,70 Euro.