Das Unheimliche schleicht sich so geschickt ein, dass man anfangs kaum bemerkt, dass das rustikale Idyll längst zerbrochen, aus scheinbar kleinen Grausamkeiten unter Kindern längst System geworden ist. Der Schauder vor den lieben Kleinen: Man kennt ihn aus Werken von "Herr der Fliegen" bis "Das weiße Band". Hier imaginiert Lucia Leidenfrost in einem aufregenden Romandebüt, was möglich wird, wenn eine Gesellschaft Kinder und Alte sich selbst überlässt.

Welcher Konflikt die Erwachsenen fortgetrieben hat, bleibt offen; ein Krieg vielleicht oder die Arbeits- und Perspektivlosigkeit, die derzeit Landstriche Osteuropas entvölkern. In kühler, präziser Prosa stellt dieses Buch zur Diskussion, ob die eigentliche Barbarei nicht in einem System liegt, das solche Entwicklungen zulässt.

Lucia Leidenfrost. Wir verlassenen Kinder. Kremayr & Scheriau, 190 Seiten, 19,90 Euro.
Lucia Leidenfrost. Wir verlassenen Kinder. Kremayr & Scheriau, 190 Seiten, 19,90 Euro. © KK