Von seinem Wissenschaftsthriller „Blackout“, der eindringlich die mörderischen Folgen eines Stromausfalls in Europa beschreibt, hat Marc Elsberg 1,8 Millionen Exemplare verkauft, das Buch wurde in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt. Am Montag erscheint zum Zehn-Jahres-Jubiläum des Megasellers eine Sonderausgabe, in der Experten wie etwa Jochen Homann, Präsident der deutschen Bundesnetzagentur, zu Wort kommen, außerdem hat Elsberg eine neue Kurzgeschichte geschrieben, die zehn Jahre später spielt. Und gerade ist die Verfilmung von „Blackout“ auf dem Streamingdienst Joyn Plus+ angelaufen, im Frühjahr 2022 soll die sechsteilige Serie auf Sat.1 zu sehen sein. Zuletzt hat der höchst erfolgreiche Niederösterreicher, der in Wien lebt, den Thriller „Der Fall des Präsidenten“ veröffentlicht. Daraus wird der Autor, der allein im deutschsprachigen Raum bisher über drei Millionen Bücher verkauft hat, beim Kärntner Krimifest lesen.

Herr Elsberg, es soll nicht so wenige Leute geben, die nach dem Lesen von „Blackout“ alles Notwendig für Katastrophenfälle eingelagert haben . . .
MARC ELBERG (lacht): Ja, tatsächlich. Und natürlich ist es auch sinnvoll, das zu machen. Das haben wir zu Beginn der Pandemie ja auch wieder festgestellt: Wer wichtige Dinge des täglichen Bedarfs wie genug Wasser oder Klopapier zuhause hatte, hatte weniger Stress.

Sind Sie selber bestens auf einen Blackout vorbereitet?
Ich habe das zu Hause, was behördlich empfohlen ist, also zum Beispiel ein batteriebetriebenes Radio und Vorräte für etwa zehn Tage. Wenn es sich nicht wie in meinem Buch um einen Angriff handelt, dann würde so ein Strom-Ausfall vielleicht drei bis vier Tage dauern – schlimm genug, aber das kann man überstehen. Was man allerdings oft übersieht: Wenn es einen längeren Ausfall gibt, ist ja nicht automatisch alles wieder gut, nur weil der Strom wieder da ist. Wir erleben ja jetzt schon während der Pandemie immer wieder Engpässe an industriellen Gütern – und da geht es „nur“ um ein Virus und nicht um einen großen Stromausfall, der Produktionen lahm legt. Es ist nicht vorbei, wenn es vorbei ist.

In der nun erscheinenden Sonderausgabe von „Blackout“ gibt es unter anderem auch Material zur Verfilmung. Wie finden Sie die sechsteilige Serie?
Ich finde sie großartig und erkenne mein Buch wieder. Ich durfte während des Drehbuchschreibens auch Anmerkungen machen. Außerdem bin ich in der Werbung groß geworden und weiß, dass man Geschichten in unterschiedlichen Medien unterschiedlich erzählen muss. Und wir haben mit Moritz Bleibtreu & Co. einen fantastischen Cast, da bin ich sehr glücklich.

Am 3. November läuft in der ARD die Verfilmung Ihres zweiten Thrillers „Zero“. Haben Sie den Film auch schon gesehen?
Der Film ist natürlich ganz anders als die Serie, gefällt mir aber auch sehr gut, weil die etwas Interessantes gemacht haben. In „Zero“ geht es ja darum, wie Soziale Medien uns oder zum Beispiel auch Wahlen manipulieren. Das war bei Erscheinen 2014 zwar schon aktuell. Seither ist es aber so richtig deutlich geworden, man denke etwa an die letzten US-Wahlen. Da man diesen Stoff in die Jetzt-Zeit bringen wollte, musste man da auch ein bisschen weiterdenken in Richtung Zukunft und das hat der Drehbuchautor gemacht.

Ist es nicht erschreckend, wie schnell Dinge, die kürzlich für die meisten Zukunftsmusik waren, alltäglich geworden sind?
Wie gesagt: Es hat sie ja schon früher gegeben. Mich hat eher erstaunt, wie lange die Politik nicht darauf reagiert hat und wie wenig die Politik noch immer gegen Facebook & Co. unternimmt, da mögen sie noch so viele Senatsanhörungen haben oder von Konzernzerschlagungen reden.

Warum, glauben Sie, lässt das Facebook & Co. so kalt?
Weil sie sehen, dass die meisten Politiker die Gefahren noch immer nicht richtig begriffen haben. Weshalb bislang zu wenig unternommen wurde, deutlich strengere Regulierung etwa oder wesentlich höhere Strafen bei Verstößen – und die müssten dann natürlich auch exekutiert werden.

Hat es Sie überrascht, wie sorglos heimische Politiker via Smartphone kommunizierten?
Ja, natürlich. Entweder ist es Naivität und Unfähigkeit im Umgang mit neuen Medien oder schlicht Hybris in der Annahme, dass man nicht erwischt wird. Ersteres ist erstaunlich, zweiteres empörend, aber auch faszinierend.

In Ihrem aktuellen Thriller geht es ja auch einem Politiker an den Kragen: Der Ex-Präsident der USA wird im Auftrag des Internationalen Strafgerichtshofes wegen „Kriegsverbrechen“ verhaftet. Halten Sie so ein Szenario abseits des Romans für möglich?
Man wird ja wohl noch träumen dürfen (lacht). Und ich habe ja extra eine dramaturgische Situation geschaffen, die zeigt, ob und wie es möglich wäre – aber da müssten dann schon sehr viele Dinge zusammenkommen. Jedenfalls gab es beleidigte Reaktionen von Trump-Fans, die sich ärgerten, dass ich den größten Präsidenten aller Zeiten so darstelle. Was absurd ist, weil ich die Aktivitäten von mindestens drei US-Präsidenten hineinverwoben habe.

Sie unterrichten neuerdings Storytelling, allerdings nicht für Autoren, sondern für angehende Grafiker oder Architekten. Wie kann man sich das vorstellen?
Es geht darum, wie man mit seinen Kreationen Geschichten erzählen kann – mit den Möbeln, die man baut, mit den Häusern, die man entwirft. Dazu muss man die Struktur des Geschichtenerzählens kennen: Man braucht einen guten Start und man braucht einen möglichst großen Konflikt. Ohne Konflikt keine Geschichte, das ist eigentlich die wichtigste Grundregel.