Ausgerechnet das 13. Album, das diese Woche erscheint, wird das letzte sein. Warum denn das?
STEFANIE WERGER: Ja, es ist die letzte Platte, endgültig – und auch die letzte Tournee. Es geht einfach nicht mehr. Ich habe zwei Bandscheibenoperationen hinter mir und hoffe, dass ich bis zur Tournee wieder einigermaßen gehen kann.

Ein Abschied mit Wehmut?
Natürlich! Auf der Bühne zu stehen, ist der Himmel! Die Bühne war für mich immer der Flughafen meiner Seele.

Das heißt, Sie haben auch Schmerzen?
Ich habe noch nie in meinem Leben solche Schmerzen gehabt. Und natürlich bekommt man den Blues, wenn man sich kaum rühren kann. Mein Mann und ich haben uns geschworen: Zu jedem Hochzeitstag machen wir eine Städtereise. Auch das geht jetzt nicht mehr.

Sie werden am 2. Juli 70 Jahre alt. Kein Alter mehr heutzutage.
Eh nicht. Vor allem, weil sich mein Hirn nicht wie 70 anfühlt. Und irgendwie kränkt es mich und macht traurig, dass der Körper nicht mehr will. Der Titelsong des neuen Albums – „Langsam wea i miad“ – sagt eh alles. Aber ich denk mir: Mit 70 kann man als Frau schon abtreten. Und ich möchte auch nicht, dass das irgendwann in Mitleid umschlägt. Ich möchte geliebt werden und dass mich die Menschen in guter Erinnerung behalten. Und meinen Kopf schick ich ja nicht in Pension. Ich geh nur von der Bühne ab. Viele Künstler sagen ja, sie wollen auf der Bühne sterben. Das möchte ich nicht.

Kurzer Blick zurück: Sie sind ab 1971, also im Alter von 20 Jahren, zehn Jahre lang mit diversen Kommerzbands durch die Gegend getingelt und wollten schon aufhören. Was ist dann passiert?
Ich wollte echt schon alles hinschmeißen! Beim letzten Auftritt in Velden wollte es dann der Zufall, dass ich die richtigen Leute getroffen habe. Ich bekam einen Plattenvertrag und das erste Album hieß: „Die Nächste bin ich“. Auf dieser Platte war auch das Lied „I wü di g’spian“ drauf. Als ich das Lied damals geschrieben hab, ist mir selbst die Ganslhaut gekommen.

Sie waren damals die einzige Frau in einer Männerdomäne. Wie schwierig war das?
Ich wollte nie nur das singende Puppi sein und hab mich halt durchgesetzt und nichts gefallen lassen. Für dieses Geschäft braucht man schon auch gute Ellbogen. Aber irgendwann haben mich alle akzeptiert und auch respektiert.

Gibt es einen besonders schönen Moment in Ihrer insgesamt 50-jährigen Karriere, an den Sie sich erinnern?
Viele. Aber einer ist mir bis heute in Erinnerung geblieben. Bei einem Konzert in Vorarlberg ist plötzlich ein Typ auf der Bühne gestanden, der ganz wild ausgesehen hat. Und hinter dem Rücken hat er etwas gehalten. Ich hab ehrlich gesagt Angst gehabt. Und plötzlich hat dieser Kerl einen riesigen Blumenstrauß in der Hand gehabt und mir überreicht.

Gibt es in der jungen heimischen Musikszene jemanden, der Ihnen besonders gefällt?
Die Ina Regen ist gut. Und der Nino aus Wien ist ein ganz lieber, toller Musiker, der lässige Songs schreibt.

Die Songs auf Ihrem neuen Album sind eine bunte Mischung. Es geht vom Kollaps der Erde und der menschlichen Gier über Kamasutra-Stellungen und erkaltete Liebe im Alltag bis zum Abschiedslied. Dort heißt es im Text: „Auf amoi fangt mei Berg zum Bröckeln an.“ Eine Anspielung auf Ihren großen Hit „Stoak wie a Felsen“. Wie geht es einem, wenn man so einen „Schlussakkord“ schreibt?
Dieses Bröckeln spür ich ja schon länger. Man muss aber wissen, wann es Zeit ist, aufzuhören. Lustig ist das nicht, das wäre gelogen, aber notwendig. Und ich wollte auch nicht sang- und klanglos gehen, ohne mich von meinem Publikum, das ja gemeinsam mit mir alt geworden ist und mich immer getragen hat, zu verabschieden. Das gehört sich einfach. Man hat ja als Musikerin eine Beziehung zu seinem Publikum.

Wie wird das Abschlussprogramm werden?
Ganz genau weiß ich das selbst noch nicht. Aber es wird neue und alte Songs geben und einige G’schichtln aus meinem Leben. Es wird schon eine Art Bilanz werden. Aber nicht allzu traurig. Ich bin ja noch nicht g’storbn.

© KK

Plattentipp. Stefanie Werger: „Langsam wea i miad“
(Averbo/Major Babies)