Literaturnobelpreisträger Peter Handke hat am Freitag Banja Luka besucht, die Hauptstadt der bosnischen Serbenrepublik. Lokalen Medienberichten zufolge wurde er wie ein hoher Staatsgast empfangen. Unter anderen traf er mit Milorad Dodik zusammen, der die Politik in der Serbenrepublik (Republika Srpska/RS) bestimmt und als serbischer Vertreter im bosnischen Staatspräsidium sitzt. RS-Präsidentin Zeljka Cvijanovic zeichnete Handke mit dem Orden der Republika Srpska aus.

Bosnien-Herzegowina ist seit dem Krieg 1992-1995 in die RS und in die Föderation BiH unterteilt, in der vor allem Bosniaken und Kroaten leben. Die politische Führung der RS leugnet die Kriegsverbrechen, die von bosnisch-serbischen Truppen an Bosniaken und Kroaten begangen wurden, darunter das Massaker an mehr als 8.000 Männern und Jungen in der ostbosnischen Enklave Srebrenica im Juli 1995. Darüber hinaus arbeitet sie auf eine Abspaltung der RS von Bosnien hin.

Peter Handke und RS-Präsidentin Zeljka Cvijanovic
Peter Handke und RS-Präsidentin Zeljka Cvijanovic © AP (Radivoje Pavicic)

Handke hatte 2019 den Nobelpreis für sein literarisches Schaffen erhalten. Die Entscheidung des Nobelkomitees für ihn galt als umstritten. Der Schriftsteller hatte sich im Bosnien-Krieg und im weiter gefassten Jugoslawien-Konflikt stark mit der serbischen Seite solidarisiert. Nach Ansicht von Kritikern bagatellisierte oder leugnete er die von Serben begangenen Kriegsverbrechen.

Handkes Besuch in der bosnischen Serbenrepublik ist die erste Reise des Literaten in das ehemalige Kriegsgebiet seit Zuerkennung des Nobelpreises. Den Plänen zufolge will er sich auch in die ostbosnische Stadt Visegrad begeben. Auch sie war ein Schauplatz schrecklicher Verbrechen an der damals dort beheimateten bosniakischen Zivilbevölkerung.

Bosnische Opferverbände zeigen sich entsetzt. "Bei diesem Besuch stellt sich die Frage, inwiefern da nicht Verbrechen zelebriert und glorifiziert werden", erklärte Emir Suljagic, der Leiter des Gedenkzentrums in Srebrenica, gegenüber dem Internet-Portal "slobodnaevropa.org". Diese Verbrechen seien im Namen einer nationalistischen Ideologie begangen worden, die auf der serbischen Seite "leider nie besiegt und überwunden wurde", fügte er hinzu.