"Das leuchtet und sprüht und flackert und brennt! Ein wahres Hexenelement!" Erika Fuchs legte diesen Satz Donald Duck in den Mund, als er sich in einem seiner düstersten Momente - durch einen Schlag auf den Kopf - in einen Pyromanen verwandelte. Fuchs bereicherte nicht nur mit dem Zitatenschatz des deutschen Bildungsbürgertums (wie hier aus Goethes Faust) viele Disney-Geschichten, die sie übersetzte. Die langjährige Chefredakteurin des Micky Maus-Magazins erfreute Generationen mit erfindungsreichen Namen, die sie den Bewohnern Entenhausens gab, und machte im deutschen Sprachraum die grammatische Form des Inflektivs populär, scherzhaft auch als "Erikativ" bezeichnet: "Ächz" oder "Stöhn" hieß es fortan in der Welt der Enten, anstelle von "ächzen" oder "stöhnen".

An einer Schöpfung von Erika Fuchs, dem Schwein Fridolin Freudenfett, fiel dem Literaturwissenschaftler Achim Hölter auf, dass der Egmont-Ehapa-Verlag an ihren viel gerühmten Übersetzungen der Carl Barks-Geschichten Veränderungen vorgenommen hatte. Herr Freudenfett hieß im "Lustigen Taschenbuch Classic" Nummer 10 doch mit einem Mal Fridolin Freundlich. Der Vorstand des Instituts für europäische und vergleichende Sprach- und Literaturwissenschaften der Universität Wien macht deutlich: "Als Philologe sage ich, dass man ein Dokument niemals verändern darf, das ist die erste Regel, weil es Misstrauen schürt, das kollektive Gedächtnis verändert und Geschichtsschreibung unmöglich macht." Man müsse sich als Leser darauf verlassen können, dass dort, wo Johann Wolfgang von Goethe, Jane Austen oder eben Erika Fuchs steht, auch die Autoren selbst dahinter stehen. "Nur der Autor selbst hat das Recht, am eigenen Werk Hand anzulegen", erklärt Hölter. Man stelle sich vor, man würde einen Roman aus dem 18. Jahrhundert nach heutigen Sprachregeln rückwirkend verändern? Natürlich gebe es Umstellungen in der Orthografie, das sei aber kein Eingriff in den Text. "Wenn ich etwas ändere, weil das Gedankengut suspekt ist, entweder mir oder der Zeit, dann wird es heikel", sagt Hölter. Und das gilt genauso für die Barks-Übersetzungen einer Erika Fuchs. In der Geschichte "Der Himmelsschreiber" wird aus einem "Chines" ein "Chinese" und in einer anderen Geschichte aus dem "Maharadscha von Stinkadore" der "Maharadscha von Stirkadore". Gegenüber dem neuesten Taschenbuch 12 sind das aber noch Kleinigkeiten.

Die Geschichte ,Glück im Unglück' von Carl Barks: Hier ist Fridolin Freudenfett schon ein Freundlich
Die Geschichte ,Glück im Unglück' von Carl Barks: Hier ist Fridolin Freudenfett schon ein Freundlich © 2021 Egmont Ehapa Media/ Disney

Debatte um politische Korrektheit

Der Verlag weist in der erwähnten Edition "Die Comics von Carl Barks" darauf hin, dass die Hefte in der "Originalübersetzung von Dr. Erika Fuchs" erscheinen, jedoch im Impressum steht der Hinweis, dass diese "zum Teil nicht den heutigen Zeitgeist widerspiegeln." In der Geschichte "Glück im Unglück" soll Donald Herrn Freudenfett, ein ziemlich beleibtes Schwein, in sein Kanu ziehen, was misslingt und der gute Donald kentert. "Der Name spricht für das, was er gutgelaunt ist. Wenn das schon Bodyshaming sein soll, verschenkt man die Pointe." Hölter hat die Befürchtung, dass es damit nicht aufhört und entsprechend einer politischen Korrektheit weitere Änderungen vorgenommen werden. 

"Da sich die Comicserie ,Lustiges Taschenbuch Classic Edition‘ auch an Kinder richtet, sehen wir es als unsere Verantwortung, missverständliche Interpretationen der Übersetzungen in absoluten Ausnahmefällen zu vermeiden. Sämtliche Änderungen verfälschen jedoch nicht die Übersetzung und Bearbeitung von Dr. Erika Fuchs in ihrer Gesamtheit. Zumal Dr. Erika Fuchs höchstselbst viele ihrer Texte immer wieder bearbeitet hat, weil sich lebendige Sprache eben verändert", sagt Unternehmenssprecher Jörg Risken. Deshalb stellt sich für den Verlag die Sache auch ganz klar dar: Ohne eine Bearbeitung wäre "es uns zum Teil gar nicht mehr möglich, einige Geschichten überhaupt abzudrucken." Die Änderungen seien mit dem Lizenz-Geber Disney abgesprochen. Der Verlag begrüße aber die Debatte.

"Ändern ist nicht die richtige Strategie", sagt Hölter, der darin ein ökonomisches Problem sieht: Ein Verlag lebt davon, wenn er Geschichten veröffentlicht. "Es ist ein ernstzunehmender Punkt, dass der Verlag die Dokumente vermarkten will." Es könnte ja so weit kommen, dass ein Verlag es nicht mehr riskiere, ein Kinderbuch oder ein Comic herauszugeben, weil es nicht mehr dem Zeitgeist entspreche. Er sieht die Lösung in einem "schützenden Vorwort": Man könne in diesen Vorworten darauf hinweisen, wer Barks und Fuchs waren, warum die Geschichten so sind und warum es auch Formulierungen gibt, die eben nicht dem Zeitgeist entsprechen. Der Egmont-Verlag teilt jedenfalls mit, dass man ab sofort folgende Formulierung verwenden werde: "Die hier abgedruckten Geschichten sind zumeist originalgetreue Nachdrucke in einer weitestgehend ursprünglichen Übersetzung, die zum Teil nicht den heutigen Zeitgeist widerspiegeln."

In den USA gab es in den Superhelden-Comics schon einmal eine Art vorauseilenden Gehorsam, der die Darstellung von Nacktheit oder die Thematisierung von Homosexualität verbat: Den Comics-Code. Diese Selbstzensur von Comicverlagen wie DC oder Marvel blieb bis ins Jahr 2011 aufrecht. Einen ähnlichen vorauseilenden Gehorsam sieht Hölter auch in den Veränderungen, die Egmont vorgenommen hat. Der Druck komme von außen, von einer Art Crowdphänomen, so der Literaturwissenschaftler. 

Das Problem dabei ist, dass in Disney-Comics aus den 1950er oder 1960er-Jahren ethnische oder Geschlechter-Stereotype verwendet wurden. Im 21. Jahrhundert würde Donald diese Worte wohl nicht mehr wählen: "Aha, strickt Strümpfe, wie es sich für ein ordentliches Frauenzimmer gehört." Und das wäre gut so, meint auch Hölter, dennoch: "Das Bewahren des Originals ist ein hohes Gut."