Im Wiener Palais Kinsky wurden vor einigen Monaten zwei ungewöhnliche Bilder von Arnulf Rainer angeboten. Sie entstammten einer Serie von hunderten erotischen Werken, die zwischen 2010 und 2014 in Rainers Winterdomizil auf Teneriffa entstanden waren und eine gewisse Zäsur im Schaffen des „Übermalers“ markierten. Hatte der heute 91-Jährige bis dahin vornehmlich Fotografien von historischen oder anonymen Personen überarbeitet, so waren es diesmal solche von „Models“, zu denen er persönlichen Kontakt pflegte.

Etwa ein Viertel der Serie überließ Rainer seinem holländischen Künstlerkollegen René Rietmeyer, der die „Sitzungen“ mit seiner Stiftung Global Art Affairs (GAA) organisiert und die fotografischen Vorlagen für die Übermalungen geliefert hatte. Über Umwege gelangten zwei der Werke ins Auktionshaus Kinsky, wo es aber nicht zur Versteigerung kam. Rainers Lebensgefährtin Hannelore Ditz ließ sie polizeilich beschlagnahmen, weil es sich angeblich um Fälschungen handle.

Eine Sammlerin, die einen Teil des Konvoluts samt den beiden inkriminierten Werken erworben hatte, wollte diesen Vorwurf nicht auf sich sitzen lassen und klagte. „Offenbar“ wolle die Familie Rainer die pikanten Bilder „vom Markt nehmen und zurückhaben“, mutmaßte ihr Rechtsanwalt Alfred Noll via ORF. Im „Standard“, der den Fall als Erster öffentlich gemacht hatte, war auch von partnerschaftlichen Beweggründen für die Beschlagnahmung zu lesen. Demnach soll Rainer die Ergebnisse seiner erotischen „Séancen“ vor den Besuchen seiner Lebensgefährtin in Teneriffa „stets versteckt haben, um ihrer Eifersucht vorzubeugen“.
Rietmeyer, der die Entstehung der Werke mittels Kamera und Video dokumentiert hatte, ging ebenfalls in die Offensive und ließ via „Standard“ ausrichten, es sei wohl auszuschließen, dass ihm Rainer Fälschungen überlassen habe. Eines der Werke – eine Art Paraphrase auf Akte von Klimt und Schiele – sei sogar 2013 bei der Biennale in Venedig gezeigt worden.

Ausschnitt eines Rainer-Werks, das 2013 bei der Biennale in Venedig zu sehen war
Ausschnitt eines Rainer-Werks, das 2013 bei der Biennale in Venedig zu sehen war © GAA


Der Streitfall ist derzeit beim Wiener Bezirksgericht Innere Stadt anhängig. Rainer und seine Partnerin wollten sich bisher nicht dazu äußern.

Millionenprozess um das Erbe von Franz West

Mittlerweile entschieden wurde der langjährige Prozess um das Millionenerbe von Franz West. 2011 war dem bedeutenden Künstler in Venedig ein Goldener Löwen für sein Lebenswerk verliehen worden, ein Jahr später starb der gebürtige Wiener im Alter von 65 Jahren. Nur wenige Tage vor seinem Tod unterzeichnete West ein Dokument, mit dem er seinen künstlerischen Nachlass an die gleichzeitig gegründete Franz-West-Privatstiftung übertrug.

Hinterließ ein Millionenerbe: Franz West (1947-2012)
Hinterließ ein Millionenerbe: Franz West (1947-2012) © APA/HANS KLAUS TECHT


Für seine Frau Tamuna Sirbiladze, eine georgisch-österreichische Künstlerin, und die beiden Kinder sah das Testament nur ein überschaubares Immobilienvermögen vor. Die Konsequenz: Sirbiladze bezweifelte die Zurechnungsfähigkeit ihres Mannes und zog vor Gericht – ging es doch um Kunstwerke im Wert von geschätzten 50 bis 80 Millionen Euro sowie um Werknutzungsrechte, Folgerechtsgebühren et cetera. Vor drei Jahren wurde der Witwe schließlich recht gegeben.
Doch damit war der Fall noch keineswegs entschieden. Denn nun klagte die Schwester von Franz West, weil sie meinte, dass die Schwägerin durch ihre Anfechtung der Übertragung der Kunstwerke an die Stiftung dem Willen des Erblassers zuwider gehandelt und damit ihr Erbrecht verloren hätte. So sehe es eine Klausel im Testament vor. Ende Jänner fällte der Oberste Gerichtshof erneut sein Urteil und sprach diesmal den Nachlass der Schwester zu.

Wests Witwe hat von all dem nichts mehr mitbekommen. Sie starb 2016 mit 44 Jahren an Krebs. Das Erbe des Künstlers soll nun laut Wunsch seiner Schwester an dessen Stiftung übergehen und mithilfe von Ausstellungen, Katalogen oder Symposien der Öffentlichkeit nähergebracht werden.
Für die Kinder von Franz West dürfte ebenfalls gesorgt sein. Ihnen steht der gesetzliche Pflichtteil zu, immerhin ein Betrag in Millionenhöhe.