Was ist politische Bildung und warum fühlen sich viele durch diese Begrifflichkeit gehemmt?
JOSEFINE SCHERLING: Sie ist laut Grundsatzerlass eine Voraussetzung für die individuelle Entfaltung und für die Weiterentwicklung des gesellschaftlichen Ganzen; sie ist ein aktiver Beitrag zur Gestaltung der Gesellschaft und zur Verwirklichung der Demokratie. Vorbehalte gibt es dann, wenn sie mit parteipolitischer Einflussnahme verwechselt wird.

Wer kann sich als politischer Mensch verstehen?
Kann ein Mensch überhaupt unpolitisch sein? Wir alle sind Teil von Gesellschaft und damit auch mitverantwortlich für deren Gestaltung. Dazu braucht es jedoch offene Debatten – und Reflexionsräume, also Möglichkeiten für Debatten, in denen über Gesellschaftsentwicklung nachgedacht und kritisch reflektiert werden kann.

In welchem Zusammenhang stehen Menschenrechte mit politischer Bildung?
Menschenrechte bilden die Grundlage für Demokratie. Sie müssen immer in ihrer Unteilbarkeit berücksichtigt werden. Politische Bildung kann, wie es die Erziehungswissenschaftlerin Astrid Messerschmidt treffend betont, einen „sprachfähig machen“, um einzugreifen, wenn wichtige Stimmen ausgeklammert werden, wenn Menschenrechtsverletzungen stattfinden.

Was versuchen Sie den Studierenden in Ihrer Lehrveranstaltung „Politische Bildung und wirtschaftliche Perspektiven“ zu vermitteln?
Mir ist es wichtig, Studierende als politische Menschen zu fordern und fördern, in ihnen Interesse für eine kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen zu wecken. Dazu ist es erforderlich, ihnen Anlässe und Zeit zu geben, über sich und Gesellschaft nachzudenken und ihre Gedanken auch in der Öffentlichkeit selbstbewusst zu vertreten.

Was können zukünftige Lehrpersonen an ihre Schülerinnen und Schüler weitergeben?
Demokratie als ein wertvolles Gut muss immer neu erlernt werden; Kinder sprachfähig zu machen, sie zu ermutigen, sich eine eigene, sachlich begründete Meinung zu bilden und diese zu vertreten; kritisches Denken zu schulen, sich nicht mit dem Gegebenen zufriedenzugeben, sondern Veränderungspotenziale für eine gerechtere Gesellschaft aufzuspüren, Alternativen zu entwerfen und dafür einzutreten.

Videos zu Europa im Wandel

Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Politische Bildung und wirtschaftliche Perspektiven“ an der Pädagogischen Hochschule Kärnten hat Josefine Scherling ihren Studierenden die Aufgabe erteilt, dreiminütige Videos zu erstellen. „Sie sollten sich kritisch und kreativ mit den Themen Zukunft Europas, Umgang mit Krisen, EU und junge Leute, EU und Beruf sowie European Green Deal auseinandersetzen“, sagt die PH-Professorin. Insgesamt haben die Studierenden im sechsten Semester des Bachelorstudiums Lehramt Primarstufe 14 Videos erstellt.

„Mit unserem Video wollen wir eine Alternative, nämlich das Einkaufen auf dem Bauernhof – was für Regionalität und Tierwohl steht –, aufzeigen“, sagt Elena Fantoni, die sich mit ihrer Gruppe dem Thema „Green Deal“ gewidmet hat. Alex Smolnik hat mit seiner Gruppe das Thema „EU und Beruf“ gewählt: „Wir sind davon überzeugt, dass Sprachen und minderheitensprachbezogene Themen
bereits in der Volksschule sehr wichtig sind und haben das auch als Verankerung in der EU vorgestellt.“

Die Siegerprojekte werden am 6. Mai während des Online-Aktionstages Politische Bildung unter dem Motto „Performing Europe – Europa im Wandel“ präsentiert. Veröffentlicht werden alle Projekte auf den Webseiten des Europahauses Klagenfurt und des Zentrums polis.