Das Geschichtenerzählen ist dann am schönsten, wenn das Leben selbst diese Geschichten schreibt. Noch dazu, wenn es sich um eine rührende, tierische Episode handelt, die sich rund um die Hochrindl begeben hat. Der Reihe nach. Die Bauernfamlie Sumann aus Unterdörfl, auf der Sirnitzer Sonnseite am Fuße der Hochrindl, treibt seit Generationen ihr Vieh auf die Sommerweiden der Hochrindl. „Den ganzen Sommer verbringen unsere Tiere auf der Alm, am sogenannten Kegel. Irgendwann weidete zwischen den Tieren plötzlich auch ein junger Mufflon-Widder“, erinnert sich Bauer Hans Sumann.

Schutz gesucht

Immer häufiger wurde das junge Tier gesichtet, blieb für einige Tage verschollen, dann tauchte es wieder auf. „Es war ein schöner Anblick, weil sich das Mufflon zwischen den Muttertieren sichtlich wohlgefühlt hat, wahrscheinlich hat es sich aber auch geborgen und sicher gefühlt“, meint Sumann, der eine Vermutung anstellt: „Mufflons kommen immer im April zur Welt, entweder wurde seine Mutter erlegt, oder, was uns leider sehr plausibel erscheint, die Mutter wurde Opfer einer Wolfattacke auf der Hochrindl.“

Eine Meinung, der sich auch der Tierarzt und Jäger Werner Hochsteiner aus Althofen anschließen kann: „Es muss ein traumatisierendes Erlebnis passiert sein.Ein mehrere Monate altes Mufflon geht niemals von seiner Herde weg, sie leben bis zum zweiten, dritten Lebensjahr ausschließlich im Verband.“

Doris und Hans Sumann freuen sich über den tierischen Zuwachs
Doris und Hans Sumann freuen sich über den tierischen Zuwachs © Gert Köstinger

In den 1970er Jahren soll eine Mufflon-Population von einer Jagdgesellschaft rund um den Lattersteig und Speikkofel aufgebaut worden sein: “Die Ansiedelung galt vorwiegend der Artenvielfalt“, sagt Hans Sumann. Jedenfalls fühlte sich der Mufflon-Widder so wohl, dass er am 29. September auch beim Almabtrieb mitten in der Herde nach Unterdörfl zum „Maier-Hof“ trabte. Jetzt grast er mit 39 Rindviechern auf den Wiesen des Anwesens.

Moritz genießt den Schutz der Herde
Moritz genießt den Schutz der Herde © Gert Köstinger

„Natürlich haben wir ihm auch schon einen Namen gegeben, er heißt Moritz“, verrät Doris Sumann. „Moritz reagiert schon auf Zuruf, blickt auf und hat natürlich die Sonderration Getreideschrott äußerst gerne. Moritz schläft auch mit der Herde, er ist praktisch adoptiert worden.“ Wie schaut die Zukunft von Moritz aus? „Über den Winter werden wir ihm einen schönen Platz im Stall reservieren. Und nächstes Jahr geht er wieder mit auf die Alm. Vorausgesetzt er möchte es“, schmunzelt Hans Sumann.