Schweden, stolzer 447.000-km²- und 10,3-Millionen-Einwohner-Staat in Nordeuropa. Häufig wird es als Klima-Musterschüler bezeichnet – und in der Tat: Bereits 1991 führte die Regierung in Stockholm eine CO2-Steuer ein. Damit war man das erste Land überhaupt, das fossile Treibstoffe sowie Energie- und industrielle Produktion mit Abgaben auf verschiedenem Niveau belegte.

Mit 1. Jänner 2022, also 31 Jahre später, soll es auch in Österreich eine Steuer auf den Ausstoß von Kohlendioxid geben: Deren konkrete Ausgestaltung ist bislang noch ziemlich offen. In Schweden stiegt die Besteuerung der Kohlendioxid-Verursacher kontinuierlich an – sie startete bei umgerechnet 30 Euro pro Tonne und liegt heute mit 120 Euro pro Tonne so hoch wie in keinem anderen Land. Dass die Bevölkerung diese Steuer akzeptiert, liegt nicht zuletzt daran, dass im Gegenzug einige unpopuläre Steuern – vor allem Vermögenssteuern, Kapitalsteuern und Ertragssteuern – abgeschafft worden sind.



Im aktuellen Klimaschutz-Index (CCPI) liegt Schweden unter 57 ausgewählten Staaten voran – das Land wird mit vom New Climate Institute und der Nichtregierungsorganisation Germanwatch mit einem "gut" bewertet. "Sehr gut" ist kein Staat, deshalb bleiben auch die drei ersten Ränge frei.

Windenergie (17 Prozent) und Wasserkraft (45 Prozent) machen in Schweden 62 Prozent der Stromproduktion aus. Rund die Hälfte aller Haushaltsabfälle wird zur Energieerzeugung eingesetzt. Um "Waste-to-Energy-Anlagen" auszulasten, müssen jedoch zusätzliche Mengen importiert werden. Die Abfallentsorgungsstrategie der Regierung sieht eine ehrgeizige Reform für Verpackungs-, Papier- und Essensabfälle vor. Seit 1990 sanken die nationalen Gesamtemissionen, obwohl die schwedische Wirtschaft wuchs.

Schweden kaufen E-Autos, bringen Recycling voran – sie betreiben aber auch noch Umweltsünder wie riesige Zementwerke imago
Schweden kaufen E-Autos, bringen Recycling voran – sie betreiben aber auch noch Umweltsünder wie riesige Zementwerke imago © (c) imago images/TT (Pontus Orre/Aftonbladet/TT via www.imago-images.de)



Ein "Klimatmirakel" also? Isadora Wronski von Greenpeace Schweden lobt im Interview die Bereitschaft der schwedischen Bürger, ihren Teil beizutragen. Sie spart aber auch nicht mit Kritik und ortet noch viel Handlungsbedarf: Man dürfe nicht übersehen, dass derzeit noch 30 Prozent des Energiebedarfes durch Atomstrom (acht Kernreaktoren!) und acht Prozent mit dem Verbrennen von Biotreibstoff und Abfall gedeckt werden. Unumstritten sei auch, dass der Energieverbrauch pro Einwohner nicht nur wegen der langen Winter sehr hoch bleibe – was der Klimaschutz-Index bestätigt.

Für Wronski bedeutet Biosprit-Produktion die Zerstörung von Ökosystemen. Die Industrie sei gut darin, "Greenwashing" zu betreiben, denn auch biogene Emissionen stellen ein massives Problem für die Umwelt dar. Ein offenes Geheimnis sei es, dass Lobbygruppen immer wieder dafür kämpfen, von der CO2-Besteuerung ausgenommen zu werden.

Laut SOM-Institut in Göteborg wollen 80 Prozent der Schweden mehr Initiativen für die Umwelt – und 87 Prozent seien "sehr besorgt" über die Klimakrise, betont Wronski.