Am Sonntag will Klimaministerin Leonore Gewessler per Zug (Fahrzeit: rund 25 Stunden) den Weg zur UN-Klimakonferenz (COP26) in Glasgow antreten und für die gesamte zweite Verhandlungswoche in der schottischen Stadt bleiben. Sie möchte dort vor allem als "Botschafterin für den Klimaschutz und Vermittlerin in den Verhandlungsfragen" tätig sein, sagte die Ministerin am Mittwoch in einer Pressekonferenz. Sie sei zuversichtlich, dass sich die Staaten nach jahrelangem Ringen diesmal auf ein gemeinsames Regelwerk für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens einigen.

Unter anderem geht es dabei um die Frage einer einheitlichen Berichterstattungspflicht. Nur wenn alle Staaten künftig nach dem gleichen Schema ihr Fortkommen bei der Treibhausgasreduktion darlegen, ist eine Vergleichbarkeit gegeben und ein Gesamtfortschritt überhaupt darstellbar. "Ehrlich gesagt, fehlt mir hier etwas das Verständnis für die jahrelangen Diskussionen", sagt Gewessler. Eine Einigung auf ein gemeinsames System sei in Glasgow zu erwarten.

Die Schlupflöcher schließen

Anders als viele NGOs lehnt es Österreichs Ministerin nicht grundsätzlich ab, dass bei der Umsetzung des Pariser Abkommens auch flexible Marktmechanismen zum Einsatz kommen sollen. Damit ist gemeint, dass Staaten untereinander - ähnlich wie schon beim Kyoto-Protokoll - CO2-Zertifikate handeln dürfen. So könnten beim Klimaschutz rascher vorankommende Länder Emissionsrechte an Staaten verkaufen, die säumig sind. Klimaschutz würde damit auch finanziell zusätzlich interessant. "Allerdings müssen dafür alle Schlupflöcher geschlossen werden", sagt Gewessler. Doppelanrechnungen von Emissionsrechten oder die (von manchen Staaten geforderte) Übertragung von Zertifikaten aus der Kyoto-Periode ins neue Paris-Regime dürfe es nicht geben.

In Sachen Klimafinanzierung erneuerte Gewessler Österreichs Zusage, den nationalen Beitrag in den internationalen Green Climate Fund von ursprünglich 26 Millionen Euro schrittweise bis 2023 auf 130 Millionen Euro zu verfünffachen. Das Geld fließt teilweise in Form von Krediten an Entwicklungsländer, um diese bei der Transformation zu unterstützen. Bis 2023 soll der Fonds insgesamt 100 Milliarden Dollar schwer sein.

Staaten sollen nachschärfen

Von der zweiten Verhandlungswoche in Glasgow erwartet sich die Ministerin, dass noch etliche Staaten ihre nationalen Klimaziele nachschärfen. Bekanntlich genügen die bisher vorgelegten Zusagen nicht, um nach den Pariser Klimazielen die Erderwärmung auf unter 2 und möglichst unter 1,5 Grad Celsius zu halten. "Man darf nicht unterschätzen, was zwei Wochen globaler Aufmerksamkeit für den Klimaschutz bewirken können. Das erzeugt politischen Druck."

Die Rolle Österreichs sieht Gewessler mit Verweis auf die jüngsten Beschlüsse von der Steuerreform bis zum Klimaticken "vom Nachzügler beim Klimaschutz zum Vorreiter" gewandelt. Man sei mitte in einer Aufholjagd. Selbstverständlich werde sich das Land in Glasgow deshalb wieder an der "High Ambition Coalition" anschließen, in der sich traditionell jene Staaten versammeln, die mehr Tempo beim Klimaschutz sehen wollen. Angesprochen auf das hierzulande immer noch ausständige Klimaschutzgesetz verweist Gewessler auf die laufenden Verhandlungen in der Koalition. Ein Begutachtungsentwurf solle "zeitnah" vorliegen.