Manchen kommt vermutlich zuallererst das Volkslied „Lebt denn der alte Holzmichl noch?“ in den Sinn. Und wie er lebt! Umgeben von Weingärten, Streuobstwiesen und Weiden mit geselligen Schwarzkopfschafen, macht das Anwesen in Obergreith Nummer 69 im Südwesten der Steiermark einen geradezu paradiesischen Eindruck. Das alte Bauernhaus behutsam renoviert, das Wirtschaftsgebäude mit originalgetreuem Schafstall perfekt erhalten, ein neuer gewölbter Weinkeller ins alte Umfeld integriert und dann noch der Werdegang der Tenne. Doch davon später.

Bloß auf dem Platz des alten Saustalls steht heute das neue Familienhaus – nach den Bauvorschriften im Naturpark errichtet. „Da muss die Dachneigung stimmen, die Anordnung der Fenster, die Farbwahl und auch die Form der Fensterbalken“, zählt Carina Malli auf. Sie und ihr Mann Willi sind die jungen „alten Holzmichl“.Die Richtung hat schon der viel zu früh verstorbene Schwiegervater vorgegeben. „Es ergibt keinen Sinn, wenn alte Bauwerke überall mit dem Caterpillar weggeschoben werden, und wir ins Freilichtmuseum fahren müssen, um unsere Kulturgüter zu bestaunen“, so die Philosophie von Karl Malli, einem Verfechter kleinbäuerlicher Strukturen.

Im Franziszeischen Kataster

Das Alter des Anwesens lässt sich nur schätzen, nirgendwo ist ein Holzbalken mit einer Jahreszahl auszumachen, auch an schriftlichen Unterlagen mangelt es. Fest steht, dass bei der Landvermessung der Steiermark ab 1820 die Liegenschaft im Franziszeischen Kataster, dem Vorläufer unseres Grundbuches, bereits eingetragen war. Es heißt, ein wohlhabender Bauer habe seinem Holzknecht Michel den kleinen Hof einst zugedacht. Daraus ergab sich der Vulgoname Holzmichl.Seinerzeit wurde Nachhaltigkeit auf dem Hof notgedrungen gelebt, heute erfährt sie eine wundersame Renaissance, die keineswegs beim Bauen endet, wenngleich hier in letzter Zeit spannende Zeichen gesetzt wurden. Womit wir wieder bei der Tenne wären. Das gemauerte Gebäude diente als Abstellplatz für die Gerätschaft und wurde ab und an auch als Veranstaltungsraum genutzt.

Nun befindet sich dort das Hof-Café, eine überraschende Melange aus eichenem Pressbaum, datiert 1926, kunterbunter Sitzgelegenheit und Discokugel. Das Projekt war eine spontane Entscheidung, weil die Bankangestellte nach der Karenz in die Oststeiermark hätte pendeln müssen. Der Hofladen mit regionalen Köstlichkeiten war geboren.
„Wer so entlegen einkaufen kommt, will auch etwas essen und trinken“, war die Überlegung von Carina Malli. Kaffee und Kuchen sollten eigentlich in der alten Stube mit dem gesetzten Herd kredenzt werden, doch das scheiterte an der erforderlichen Raumhöhe. Also wurde in jeder Hinsicht „größer gedacht“, von Frühstücksgästen bis zu Picknickangeboten und Ferienwohnung.

Tierische Rasenmäher

Willi Malli füllt mit Leidenschaft die Bewahrer-Rolle aus. Das funktioniert bestens, denn es herrscht Arbeitsteilung, der gelernte Zimmermann kümmert sich nebenberuflich um den Weinbau (der Ertrag von den 0,6 Hektar Rebflächen wird locker beim Holzmichl ausgeschenkt) und um die Schafzucht. Die blökende Herde „mäht“ die steilen Gräben, und auf den Wiesen wächst gerade genug Heu, um die Schafe über den Winter zu bringen. Die Lämmer liefern Feines für den Hofladen, den Carina Malli mit Schwägerin Sabine, einer Gärtnerin von Beruf, neben dem Café schupft. Den großen Gemüsegarten nicht zu vergessen.

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Das alles ist nur möglich, weil die Großfamilie zusammensteht. Da packen Eltern und Geschwister an, auch auf Cousins und Cousinen ist Verlass, ob Grafikerin oder Homepagegestalter, ob Installateur oder Elektriker. „Ohne Familie wäre der Holzmichl, so wie er betrieben wird, undenkbar“, ist sich das Ehepaar Carina und Willi Malli einig, das überaus zufrieden auf der Terrasse steht, von der sich so wunderbar „ins Land einischau’n“ lässt.