Wie wohnt es sich auf einem Grundstück mit nur zwei mal zwei Quadratmeter Bodenversiegelung? Gut, denn „Bert“, das Baumhaus, breitet sich nach oben aus, nutzt den Luftraum, holt sich den Wald in den Wohnraum und hat gemütlichen Höhlencharakter. „Bert“ sieht aus wie ein Stamm mit Astansätzen, ist ökologisch nachhaltig aus Holz gefertigt, nutzt Solarpaneele, Wasseraufbereitungsanlage, selbstkompostierende Toilette und könnte autark funktionieren, wenn man das will. Das Baumhaus stammt zu 100 Prozent aus Österreich – von der Idee bis zum ersten bewohnbaren „Bert“.

Auf ihrem Lieblingsgipfel, dem Hochthron in Salzburg, beschlossen Rudi Obauer und Chris Precht, ihre Kräfte zu bündeln und das Start-up Baumbau zu gründen. Architekt Chris Precht unterhielt in Peking ein Architekturbüro, bis er den Lebensraum Großstadt samt Smog und Trubel satthatte und sich mit seiner Frau Fei in Pfarrwerfen im Salzburger Pongau niederließ, um wieder Natur zu atmen. Rudi Obauer arbeitete lange in der Schweiz und studiert berufsbegleitend International Business in Dubai. Bei all der Weltoffenheit ist die Heimatverbundenheit groß. „Wir haben zu Hause ein so schönes Spielfeld“, sagt Obauer.

Das Baumhaus trägt Holzschindeln. Für mehr Licht im Wohnraum kann auch eine Glaskuppel auf dem Dach sorgen
Das Baumhaus trägt Holzschindeln. Für mehr Licht im Wohnraum kann auch eine Glaskuppel auf dem Dach sorgen © Studio Precht

Spielerischer Zugang

Das ist auch der Anker zum gemeinsamen Baumhausprojekt. Ein gewisser spielerischer Zugang ist dem nicht abzusprechen – welches Kind ist nicht von Baumhäusern begeistert? So betritt man „Bert“ derzeit noch virtuell über die Haustür, steigt die Holzstiege hinauf, wird zum Baumbewohner, zum Specht im Astloch und kann dabei jeden Waldbewohner ungestört aus seinem Nest heraus beobachten.

So könnte die erste Ebene von "Bert" aussehen
So könnte die erste Ebene von "Bert" aussehen © Studio Precht

Als Tiny House konzipiert, mit Schlafbereich, Leseecke, Küchennische und Bad, kommt man auf rund 40 Quadratmeter Wohnfläche. Das Modulsystem ist jedoch so flexibel, dass man es nach Belieben erweitern kann – um einen eigenen Wohnbereich, um Schlafzimmer, Bibliothek, Terrassen und Küche. Eine Glaskuppel lässt bei Bedarf mehr Licht in den Wohnraum.

Innovativ und platzsparend

„Zu 70 Prozent“, sagt Rudi Obauer, werde „Bert“ von Birgit und Gundi Maier vom gleichnamigen Holzbaubetrieb in Bramberg im Pinzgau handgefertigt. Für die Inneneinrichtung aus Holz soll aber Handwerk aus den jeweiligen Regionen, in denen das Baumhaus aufgebaut werden soll, zum Einsatz kommen. „Naturflächen sind begrenzt“, erklärt Obauer weiter. „Wir wollen zukunftsgerichtet und innovativ arbeiten, mit geringer Bodenversiegelung, natürlichen heimischen Ressourcen.“ Für „Bert“ müsse nicht ein ganzer Wald gerodet werden. Er brauche gerade einmal den Platz von drei Bäumen.

"Bert" kann beliebig erweitert werden - um Bibliothek, Küche, Wonbereiche und Schlafzimmer auf unterschiedlichen Ebenen
"Bert" kann beliebig erweitert werden - um Bibliothek, Küche, Wonbereiche und Schlafzimmer auf unterschiedlichen Ebenen © Studio Precht

Weil man sich vehement gegen die „Chaletdorfbewegung“ ausspricht, soll „Bert“ rar gesät sein. Vorerst nur ein Projekt pro Bundesland. „Wir haben uns bewusst gegen ein Konzept in Indien entschieden, 200 Baumhäuser sollten dort gebaut werden.“ Das weltweite Interesse ist groß – „von Argentinien bis Kanada und China kommen Anfragen“. Doch der erste „Bert“ weltweit wird in der Steiermark gebaut.