Das Villacher Familienunternehmen Ortner hat sich in 35 Jahren eine bemerkenswerte Expertise in Sachen Dekontaminierung, Schleusen und Reinluft erarbeitet. Die wichtigsten Auftraggeber sind traditionell die Mikroelektronik- und die Pharmabranche. Auch Hochsicherheitslabore und Intensiv- bzw. Quarantänestationen gehören dazu. Exportanteil: 57 Prozent. Die Kunden sitzen unter anderem in Russland, Großbritannien oder Südkorea.

Kann man Reinraumtechnik auch in der Lebensmittelindustrie anwenden? Mit einem (mit dem Nachhaltigkeitspreis Trigos) ausgezeichneten Projekt hat das Unternehmen mit Sitz in Villach und Produktion in Möllbrücke nicht weniger als eine nachhaltige Vision der Lebensmittelproduktion aufgetan.
Gemeinsam mit dem Kunden Hütthaler, einem Wurstproduzenten aus Oberösterreich, der großen Wert auf artgerechte Tierhaltung und wertvolle Fütterung legt, wurden Reinräume für die Wurstproduktion entwickelt, um damit die Produktsicherheit zu verbessern, was sich wiederum auf die Mindesthaltbarkeit auswirkt: Die in Reinraumanlagen produzierten Würste sind länger haltbar – ohne dafür mehr Konservierungsstoffe zu benötigen. Ein Beispiel: Hütthalers Putenschinkenwurst hält mithilfe der Ortner-Technik statt 20 Tage nun 60 Tage. „Oder vielleicht länger. Bei 60 haben wir einfach aufgehört zu messen“, sagt Josef Ortner stolz.

Vater und Tochter als Geschäftsführer-Duo: Josef Ortner und Stefanie Rud
Vater und Tochter als Geschäftsführer-Duo: Josef Ortner und Stefanie Rud © Ortner/KK

Die Haltbarkeit ist kein Selbstzweck. Sie bewirkt nicht nur, dass die Wurst (noch) besser ist, sondern auch, dass weniger Waren retourniert werden müssen, somit weniger weggeworfen werden muss. „Unsere Entwicklung wirkt also der Überproduktion entgegen. Sie kann eine Lösung für einen ganzen Industriesektor sein“, sagt Ortners Tochter Stefanie Rud. Die junge Mutter ist ebenfalls Teil der Geschäftsführung und kann ihre auf Nachhaltigkeit setzenden Auftraggeber nur loben: „Denn grundsätzlich wollen Produzenten ja keine längere Haltbarkeit ihrer Produkte, damit sie mehr produzieren und letztlich mehr verkaufen können.“

Das Prinzip "Verdünnung"

Der Hütthaler Wurst-Produktionsprozess wird durch eine Art Reinluftwolke begleitet, die man sich vorzustellen hat wie einen an der Decke aufgehängten Würfel oder Kasten. 99,995 Prozent der Feststoffe könnten auf diese Art aus der Luft gefiltert werden. Die Reinraumqualität wird durch das Verdünnungsprinzip erreicht. Die Anlage arbeitet im Umluftbetrieb: Die (mikrobiologisch) belastete Produktionsluft wird vom Hygiene-Würfel angesaugt, partikelfrei gefiltert und mittels Bestrahlung entkeimt ausgeblasen.

Die gute Luft umhüllt auch den Produktionsmitarbeiter, er wird quasi mit Luft isoliert. Dahinter steckt freilich jahrelange Forschungsarbeit in Sachen Strömungstechnik.

Wohl gemerkt: Im Lebensmittelbereich ist niemand gezwungen, Reinraumtechnik einzusetzen. Mit dem Qualitätsbewusstsein ist sie aber im Kommen, weil dadurch nicht nur die Luft, sondern auch das Produkt besser wird. Die Kosten amortisieren sich in wenigen Jahren.

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Auch kleinere Einheiten, etwa für Fleischereien, bietet Ortner mittlerweile an. Standardisierungsmaßnahmen minimieren die Herstellungskosten. Die Schärdinger Molkerei und der Vorarlberger Großbäcker Bernhard Ölz setzen in der Produktion ebenfalls auf Reinräume made in Carinthia.
Dessen Toastbrot ist europaweit das erste, das in einem (Ortner-)Reinraum produziert wurde: Bevor es geschnitten wird, muss es nicht nur gekühlt, sondern auch geschützt werden. Beim Brot geht es vor allem um Schimmelbefall. Das Motto auch bei Ölz: Man investiert vorher in Qualität, um nachher weniger Retourware zu haben. Zehn Prozent vom Geschäft macht der Lebensmittelbereich bei Ortner mittlerweile aus. Rund 16 Millionen Euro wird der Umsatz heuer betragen.

Die Ortners denken indes schon wieder weiter. Mehrere Forschungsthemen sind in petto. Und Corona und das gestiegene Bewusstsein für Hygiene sind für das Kärntner Unternehmen Wettbewerbsvorteile. Denkbar wären Reinraumwürfel oberhalb von Kassenbereichen in Supermärkten, durch die die Kassiererinnen gewissermaßen vor den Kunden geschützt werden können. Für den Auftraggeber American Airfilter (AAF) mit Sitz in Frankfurt testet Ortner einen solchen Reinraumfilter gerade in einem Adeg-Markt in Möllbrücke. „Und wir haben bereits den Auftrag, diesen Luftvorhang serienmäßig zu produzieren. In Japan soll er sogar bald gesetzlich für alle Supermärkte verpflichtend sein.“

Auch an Hotel-Rezeptionen hätte die Technologie, die hier den Menschen vor dem Menschen schützt, Sinn. Und selbst bei temporären Indoor-Veranstaltungen wird die Ortner-Reinraumtechnik derzeit gebucht. Zuletzt ließen sich der C&C-Händler Wedl in Villach für seine Hausmesse und die Millstätter Wirtschaftsgespräche Ortner-Anlagen aufbauen, die die Raumluft über mehrstufige Filter reinigen; Viren, Bakterien und Keime eliminieren und die gefilterte partikel- und keimfreie Luft wieder in den Raum einblasen. Josef Ortner: „Mit dem System können 25.000 Kubikmeter Luft pro Stunde gereinigt werden.“
Übrigens: Lärm entsteht dabei keiner.