"Während Corona musstet ihr auf viele prägende Erfahrungen verzichten, um eure Liebsten zu schützen. Wir können diese Momente nicht zurückholen, aber wir können euch nachholen lassen, was ihr verpasst habt."

Es sind Zeilen, die man im ersten Moment keinem großen Handelskonzern zuordnen würde. Und sicher nicht einem, der in vergangener Zeit mit besonders bedachter Werbesprache ausgiebig sparte. "Framstag bei Penny", "Erst mal zu Penny" oder "Wer günstig will, muss Penny" waren dort die werberischen Gassenhauer. 

Jetzt aber drückt Penny (seit 1989 gehört das Unternehmen zur Rewe-Gruppe) auf die Tränendrüse. "Ich wünsch mir, dass du deine Jugend zurückbekommst", lässt das Unternehmen in einem 4-Minuten-Clip eine Mutter zum Sohn sagen. Und dann wird sinniert. Über ausbleibende Partys, das Fehlen von Liebschaften, ein junges Leben im langen Lockdown. Gespielt wird mit elterlichen Sorgen, die im Video plötzlich als Sehnsüchte auftreten. "Dieser Perspektivenwechsel irritiert und überrascht. Das ist schon gut gemacht", sagt auch Thomas Zenz, Werbespezialist und Inhaber der Grazer Agentur Doppelpunkt. 

Das Video von Penny:

Für Zenz ist das Video dennoch "austauschbar". Immer wieder hätten in den letzten Jahren große Händler rund um die Weihnachtszeit versucht, mit besonders emotionalen, meist sozialkritischen Themen zu punkten. Warum Konzerne überhaupt solche Videos machen, die mit dem Kerngeschäft im besten Fall am Rande zu tun haben? Zenz: "Es geht primär um Imagegewinn. Zugleich zeigt man damit, ein gewisses Maß an gesellschaftlicher Relevanz zu beanspruchen".

Zweifelsohne trifft das Video, produziert von der deutschen Agentur Serviceplan – die sich selbst als "größte inhaber- und partnergeführte Agenturgruppe Europas" beschreibt –, einen (möglicherweise sogar den) Nerv der Zeit. Musikalisch umrahmt von Bon Jovis verlangsamten "It's my life" animiert es unweigerlich zum Dranbleiben. Erst am Ende löst Penny das Motiv auf. Und verweist auf ein Gewinnspiel, bei dem unter anderem Reisen und Partys verlost werden. Unter dem Motto "Eure Zeit kommt".

Auf Youtube haben sich den kontroversiell diskutierten Clip bis dato mehr als acht Millionen Menschen angesehen. Womit noch zirka 60 Millionen auf jenes Video fehlen, das Edeka vor ein paar Jahren auf die Menschheit losließ. Damals, wieder diente Weihnachten als emotionale Klammer, täuschte ein Großvater den eigenen Tod vor, um die Familie endlich wieder einmal am gemeinsamen Tisch zu versammeln.