Die Corona-Einschränkungen gehen (langsam), das Homeoffice bleibt (sicher) – und mit ihm Online-Meetings, Videokonferenzen und Bildschirm-Präsentationen via Teams, Zoom, Webex & Co. Nicht jedem liegt diese Form der Knopflochkamera-Kommunikation. Es bleibt eine Distanz, bei der die Stimme als Kontaktinstrument zum Bildschirmpublikum noch wichtiger wird. Denn die Wahrnehmung anderer Menschen wird maßgeblich von dem beeinflusst, was sie hören. Es kann im Job über Erfolg und Misserfolg entscheiden.

Die Stimme wird zur Visitenkarte. Spricht jemand langsam, mit tiefer, kraftvoller Klangfarbe, klar strukturiert und ohne zu stocken, wird er für kompetent und vertrauenswürdig gehalten. Eine hohe Piepsstimme dagegen wirkt weniger positiv.

Die Stimme verrät aber auch etwas über die Gemütslage des Sprechers, manchmal auch dessen eigentliche Absichten. Denn das limbische System, die Schaltzentrale des Gehirns für Gefühle, beeinflusst automatisch sämtliche Zwischentöne der Stimme. Ist jemand niedergeschlagen, erschlafft auch die Sprechmuskulatur. Die Stimme klingt zwar tief, aber kraftlos. Desinteresse oder Frust machen die Stimme flach und monoton. Wenn jemand gestresst oder nervös ist, klingt die Stimme wiederum gepresst und dünn, dem Sprecher schnürt es sprichwörtlich die Kehle zu.
Ein entsprechendes Training kann helfen, diese einschränkenden Faktoren zu beseitigen und die Stimme ausdrucksstärker und belastbarer zu machen.

Prominenter Thesen-Lieferanten

Arno Fischbacher, Business-Stimmcoach aus Salzburg, hat für eine gelungene Online-Rhetorik Regeln herausgefiltert. Fischbacher greift dabei auf einen prominenten Thesen-Lieferanten zurück: Martin Luther. Der Reformator hat schon vor 500 Jahren drei Kern-Parolen formuliert:

„Tritt fest auf!“: Wer mit Rundrücken in den Bürosessel gebogen in Besprechungen seine Meldungen abgibt, wird nicht nur aufgrund des eher fatalen körpersprachlichen Signals nicht gut über die Bildschirmrampe kommen. Besser: An die Sesselkante vorrücken, beide Fußsohlen voll am Boden, aufrecht sitzend: Das schafft nicht nur Platz für Gestik, auch die Stimme wirkt überzeugender. Noch besser: Seine Botschaften im Stehen vorbringen. Dabei sich nicht steif und durchgestreckt vor der Kamera aufbauen, sondern in dynamischer Balance mit beiden Sohlen fest verankert (als würde man freihändig in einem wackeligen Bus stehen), den Schwerpunkt leicht nach vorne verlagert. Das „verlängert“ den Nacken und wirkt auf die Stimme.
„Mach’s Maul auf!“: Bewusste Bewegungen der „Kinnlade“. Das bringt eine bessere Artikulation und eine deutlichere Modulation, eine lebendigere Stimme und erspart dem Zuhörer einen monoton-faden Vortrag, erklärt Fischbacher.
„Hör‘ bald auf!“: Luthers Parole des heutigen „Halte Dich kurz! Bleib am Punkt!“. Schwer genug. Denn je mehr man über eine Sache weiß, je mehr man den inneren Drang verspürt, unbedingt viel sagen zu müssen, desto schneller – und undeutlicher – spricht man, desto höher wird die Stimme, desto kürzer werden die Sprechpausen. Desto unangenehmer wird es für den Zuhörer. Dazu wächst die Gefahr, sich in unwichtigen Details zu verlieren.

„Inneres Navigationssystem"

Fischbachers Rat: Sich schon am Beginn zu überlegen, wie man sein Statement beenden möchte. Das bringt automatisch Struktur ins Gesagte. Während des Redens kann man sich selbst helfen, indem man rhetorische Fragen integriert. Sie schlagen automatisch kurze Pausen in den Redeschwall und dienen auch als „inneres Navigationssystem“, damit man den roten Faden nicht verliert.

Daher lohnt es sich, seine eigene Stimme und Sprechtechnik genauer zu analysieren. Denn mit einer präzisen Technik hinterlässt man einen sympathischen und kompetenten Eindruck. – Kein Fehler bei der Flut an virtuellen oder realen beruflichen Gesprächen.