Es wird gekauft und gehortet auf Teufel komm raus“, betont Herwig Pernsteiner, Vize-Verbandsobmann der gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) in Österreich. Im Vorjahr konnten bundesweit mit 19.100 Wohnungen so viele wie zuletzt in den 1990er-Jahren fertiggestellt werden. Zur Freude mischt sich aber – wie in vielen Wirtschaftsbereichen – die Sorge über eine regelrechte Baukostenexplosion in den letzten Monaten. Man bekomme als Bauträger praktisch täglich Briefe von bauausführenden Betrieben, dass sie mit den Kostenvorgaben nicht mehr mithalten könnten und zurücktreten müssten. So habe sich Polystyrol um 47 Prozent verteuert, Kiestragkörper um 43 Prozent, Ziegelmauerwerk um 30 Prozent, Maschinengipsputz um 39 Prozent, auch Zement, Baustahl und Bauholz seien knapp und teuer.

"Teuerung von mehr als 250 Prozent dramatisch"

Davon weiß auch Hans-Peter Zefferer zu berichten. Der Geschäftsführer der gleichnamigen 130-köpfigen Mariazeller Baufirma betont: Für Bretter und Balken werden zwischen 100 und 300 Prozent mehr als noch im abgelaufenen Dezember bezahlt. „Beim Bauholz ist nicht nur die Teuerung von mehr als 250 Prozent dramatisch, sondern vor allem die massive Verknappung“, so Zefferer. Aus Holz produzierte Baustoffe wie OSB-Platten, aber auch Dachabdichtungen, Dämmstoffe, Leimbinder und teilweise sogar Zement seien kaum oder nur mit langen Lieferzeiten erhältlich. „Die Wirtschaft ist schneller wieder angesprungen, als es viele vorhergesehen haben. Auch die vielen Investitionen von Endkonsumenten als Alternative zum entfallenen Urlaub wurden unterschätzt“, sagt Zefferer.

Gutachten wird erstellt

Für Kopfzerbrechen sorge in diesem Zusammenhang die Festpreisbindung, die aktuell eine große Belastung für die Bau- bzw. Baunebengewerbe bedeute. Auf Bundesinnungsebene werde daher gerade ein Gutachten erstellt, das eine Aufhebung der Festpreisbindung auch bei kurzfristigen – vor allem öffentlichen und öffentlich subventionierten – Aufträgen überprüft, um Preisanpassungen zu ermöglichen, wie der steirische Bauinnungsmeister Alexander Pongratz bestätigt. „Einige Prozent können wir verschmerzen, aber Preisschübe von 300 Prozent sind nicht mehr zuzumuten.“ Insgesamt sei die Preisentwicklung schlicht „eine Katastrophe“.

Josef Gasser, stellvertretender Landesinnungsmeister, streicht hervor: „Die Bauwirtschaft avancierte im Vorjahr zu einer der tragenden Säulen der Volkswirtschaft. Um die Rohstoffpreisentwicklung nicht zum Hemmschuh der dringend nötigen Konjunktur zu machen, bedarf es eines raschen Entgegenkommens der Politik. Anderenfalls drohen Firmen und damit Arbeitsplätze über Corona hinaus in Mitleidenschaft gezogen zu werden.“

Appell an öffentliche Auftraggeber

Hermann Talowski, Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk, verweist ebenfalls darauf, „dass auch im öffentlichen Bereich mit Folgen zu rechnen“ sei. Die Sparte fordere daher eine weitere Verlängerung der Fertigstellungsfristen bei der Errichtung von Betriebsgebäuden, die mit den aws-Investitionsprämien unterstützt werden. „Das würde den Druck aus der gegenwärtigen Lage etwas herausnehmen.“ Zusätzlich appelliert Talowski an öffentliche Auftraggeber, veränderliche Preise bei den Ausschreibungen zuzulassen, bis sich die Situation wieder entspannt. Ein weiteres Problem, das sich aus seiner Sicht anbahne: „Bei der aktuellen Entwicklung könnte der geförderte soziale Wohnbau zum Erliegen kommen. Man müsse deswegen auch die Förderrichtlinien anpassen.“

"Verfügbarkeiten sind erschreckend"

Die Baubranche ist nicht der einzige Sektor, der unter anziehenden Rohstoff-Kosten leidet: „Die Verfügbarkeiten sind erschreckend. Wir schätzen uns glücklich, dass wir ein Lager mit über 1000 Tonnen haben, die Nachbeschaffung muss aber dennoch sichergestellt sein“, betont Michael Winkelbauer, Geschäftsführer des gleichnamigen Verarbeiters von härtestem Stahl mit Sitz im oststeirischen Anger. Dass Offerte teils „nur mehr am jeweiligen Tag gültig sind, zeigt die hohe Brisanz“, so der Geschäftsführer.

Auch der Mürztaler Traditionsbetrieb Breitenfeld Edelstahl ortet empfindliche Erhöhungen: „Insbesondere der Schrottpreis ist in den letzten Monaten massiv gestiegen.“ Sabine Dettenweitz, Finanzchefin des obersteirischen Metallverarbeiters Heldeco, unterstreicht: „Nicht nur die Preise von Grundmaterialien steigen, sondern auch die Kosten für Sonderlegierungen.“