Es war ein bemerkenswerter „Doppelschlag“, der am Wochenende erfolgte: Die Regierung hat nicht nur eine weitere Verlängerung der Steuer- und Abgabenstundungen präsentiert, sondern auch den Entwurf für ein neues Insolvenzrecht.

Wie berichtet, wird die an sich bis 31. März bestehende Befristung für Steuer- und Abgabenstundungen um drei Monate bis 30. Juni verlängert. Zudem wird die Möglichkeit geschaffen, Rückstände nach Ende der Stundungen mit Ratenzahlungen zu begleichen – „über längere Zeit zu einem weitaus günstigeren Zinssatz“, wie Finanzminister Gernot Blümel betont. Bis zum 30. Juni werden zudem keine Stundungszinsen und Säumniszuschläge festgesetzt. Man wolle dafür sorgen, „dass die Unternehmen nicht in der ersten Erholungsphase nach dem Lockdown Steuern zurückzahlen müssen“. Durch das Ratenzahlungsmodell „geben wir Unternehmen spürbar mehr Zeit, um ihre Steuerrückstände zu zahlen“, so Vizekanzler Werner Kogler.

Gleichzeitig wurde nun aber auch die Reform des Insolvenzrechts verkündet, mit der u. a. ein präventives Restrukturierungsverfahren sowie eine Absenkung der Entschuldungsdauer auf drei Jahre einhergehen sollen. Für Firmen soll das generell gelten, für Private nur für die nächsten fünf Jahre. Die Regierung will damit „den Neustart“ für Unternehmen erleichtern, wie betont wird.

Bei den Gläubigerschutzverbänden ist unter Verweis auf „Nebenwirkungen“ indes eine kräftige Portion Skepsis zu vernehmen.Franz Blantz vom AKV zeigt sich „irritiert“. Hinsichtlich der „zweiten Chance für Unternehmen“ gibt er zu bedenken, „dass in Österreich mit dem Sanierungsverfahren, das auch in Eigenverwaltung beantragt werden kann, die Möglichkeit besteht, sich über den Sanierungsplan binnen zwei Jahren zu entschulden“. Seine Befürchtung: Gläubiger sowie Banken (bei der Kreditvergabe) könnten künftig zurückhaltender agieren, „weil durch die Neuerungen viel weniger Masse übrig bleiben dürfte und damit auch die Quoten entsprechend niedriger ausfallen“.

Hinzu komme die Sorge der Kreditschützer, „dass nun alle zuwarten, bis die Reform steht“. Das könnte aus Sicht von Blantz fatal sein, „weil wir ohnehin mit einem enormen Rückstau bei Insolvenzen konfrontiert sind. Dadurch wird ein Neustart nicht erleichtert, sondern erschwert.“

Aktuell liege die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in der Steiermark nur bei der Hälfte eines Normaljahres. Das sei auch auf Covid-Hilfsmaßnahmen zurückzuführen und dem damit verbundenen Umstand, dass von öffentlicher Seite, also seitens der Finanzämter und Krankenkassen, derzeit keine Insolvenzanträge gestellt werden, so Blantz. Auch René Jonke vom KSV1870 sieht das kritisch und prognostiziert: „Der Rückstau wird noch zunehmen.“ Je länger zugewartet werde, desto geringer die Chance auf eine Sanierung. Es sei davon auszugehen, dass die mangels Masse abgelehnten Sanierungsverfahren zunehmen, „dabei verlieren alle“, so Blantz.
Im Zusammenhang mit der geplanten Verkürzung von fünf auf drei Jahre auch bei Privatkonkursen verweist Jonke „auf falsche Anreize“, die aus seiner Sicht gesetzt werden. „Die Hälfte aller Privatinsolvenzen ist auf fahrlässiges Konsumverhalten zurückzuführen, jetzt entsteht der Eindruck, dass man seine Schulden ohnehin ganz schnell und einfach wieder loswerden kann. Doch das tragen dann die Gläubiger“, so Jonke.