Von „besonders herausfordernden Rahmenbedingungen“ sprach die Arbeitgeberseite, von Erwartungen, die „vielleicht noch nie so gegensätzlich“ waren, die Arbeitnehmervertreter. Dennoch ist es – nach den Metallern – nun auch im Handel gelungen, in der ersten Verhandlungsrunde über einen neuen Kollektivvertrag ein Ergebnis zu erzielen. Die Gehälter und Lehrlingsentschädigungen steigen per 1. Jänner 2021 um 1,5 Prozent. Dies entspricht der durchschnittlichen Inflationsrate der vergangenen 12 Monate.

Nach einer gut elfstündigen Marathonverhandlung haben sich die Sozialpartner darauf geeinigt. Kurz vor 22:00 Uhr präsentierten Anita Palkovich , Chefverhandlerin der Gewerkschaft GPA-djp und WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik die Einigung.

"Kein einfacher Weg"

Die von der Gewerkschaft geforderte Corona-Mitarbeiterprämie ist zwar nicht Teil des neuen KV. Die Sozialpartner einigten sich aber auf eine Aufforderung an Betriebe, die es sich leisten können, eine Prämie in Höhe von mindestens 150 Euro auszuzahlen. „Die Prämie sollen noch heuer an die Beschäftigten fließen und die Konsumlaune zum Weihnachtsgeschäft im österreichischen Handel positiv beeinflussen“, so Trefelik.  

Es war "heuer kein einfacher Weg", sagte Trefelik nach dem Abschluss der Verhandlungen vor Journalisten. Mit dem Abschluss könne man die "gewünschte Kaufkraft sichern". Es gebe auch Signale von großen Handelsbetrieben, dass sie die freiwillige Corona-Mitarbeiterprämie ausbezahlen wollen, sagte der Handelsobmann.

„Mit diesem Abschluss ist es gelungen, einen wichtigen Beitrag zur Kaufkraftsicherung in einer schwierigen Zeit zu leisten, ohne dabei die Unternehmen zu überfordern“, so Trefelik.

"Große Herausforderungen"

Bei den KV-Verhandlungen sei man wegen der Coronakrise vor "großen Herausforderungen" gestanden, so die gewerkschaftliche Chefverhandlerin Anita Palkovich von der GPA-djp. Die Gewerkschafterin verwies auch auf Änderungen im Rahmenrecht. Bei überlangen Arbeitszeiten würden die Ruhezeiten verlängert und zu Silvester gebe es einen Zuschlag ab 13.00 Uhr. Diese Rahmenrecht-Änderungen treten bereits ab 1. Dezember in Kraft.

Zudem sprechen die Sozialpartner eine Empfehlung an jene Handelsbetriebe aus, die den finanziellen Spielraum dazu haben, eine Corona-Prämie an ihre Mitarbeiter auszubezahlen. Diese soll mindestens 150 Euro betragen, wurde von den Verhandlern betont. Es gebe bereits „starke Signale von großen Handelsbetrieben“, dass eine solche Prämie auszahlen wird, so Trefelik.

"Mit großem gegenseitigen Respekt geschafft"

Aufgrund der großen Unterschiede im Handel, schien eine Einigung gleich zum Auftakt der KV-Runde eher unwahrscheinlich. Umso erfreuter zeigten sich die Sozialpartner, dass dies nun doch gelungen sei. „Es war eine große Herausforderung, aber wir haben das mit großem gegenseitigen Respekt geschafft“, so Palkovich, die auch auf einige wesentliche Änderungen im Rahmenrecht verwies, etwa auch bei den Arbeitszeiten an besonders stressigen Tagen wie Silvester. Bei überlangen Arbeitszeiten würden die Ruhezeiten verlängert und zu Silvester gebe es einen Zuschlag von 50 Prozent ab 13.00 Uhr und 100 Prozent ab 15 Uhr. Diese Rahmenrecht-Änderungen treten bereits ab 1. Dezember in Kraft. Die Kaufkraftsicherung sei beiden Seiten ein wichtiges Anliegen gewesen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronapandemie haben die Handelsbranche höchst unterschiedlich getroffen. Während der Lebensmitteleinzelhandel, Elektronikketten, Baumärkte und Einrichtungshäuser Umsatzzuwächse verzeichneten, brachen die Erlöse im Textil-, Schuh- und Kfz-Handel massiv ein. Trotz aller Herausforderungen und krisenbedingten Widrigkeiten gab es aber auch eine gute Basis miteinander. Tatsächlich hat das übergeordnete Ziel, möglichst viele Jobs zu sichern, die Verhandler mehr geeint als getrennt.