Die Coronakrise fräst sich derzeit in alle Gesellschaftsbereiche, die damit einhergehenden Veränderungen sind immens. In Kooperation mit dem Verein „DENKwerk Steiermark“ werfen zahlreiche Experten aus unterschiedlichsten Bereichen einen persönlichen Blick auf die Zukunft nach Corona. Der Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Uni Graz und Marketing-Professor, Thomas Forscht, über Chancen und Herausforderungen für regionale Klein- und Mittelunternehmen.

Im Rahmen der Corona-Krise sind viele Unternehmen in schwierige Situationen geraten. Dies trifft insbesondere für viele Klein- und Mittelunternehmen zu. Von verschiedenen Seiten wurden Unterstützungen zugesagt und mehr oder weniger hilfreiche Tipps gegeben, wobei häufig viele wichtige Details offen blieben. Auch der Markt, also jene Personen, die Produkte und Leistungen nachfragen könnten, wurde angesprochen und es wurde appelliert, dass regionale Produkte sowie lokale Unternehmen unterstützt werden sollten, indem bei diesen gekauft wird.

Diesen grundsätzlichen Ideen kann man sich natürlich nur anschließen. Es stellt sich allerdings die Frage, wie nachhaltig dieses Bewusstsein bei Konsumentinnen und Konsumenten ist beziehungsweise was regionale Unternehmen dazu beitragen können und wie sie somit die Gunst der Stunde nachhaltig nützen könnten.

Die Antwort ist, wie in vielen schwierigen Situationen, eigentlich ganz einfach: Viele Klein- und Mittelunternehmen haben sich auf ihre Stärken besonnen und diese in den Mittelpunkt gestellt und nicht dort wo es praktisch unmöglich ist, gegen internationale Unternehmen auf verlorenem Posten gekämpft. Wo liegen im Regelfall diese Stärken von unseren Unternehmen? Die wohl größte Stärke ist die physische Präsenz vor Ort und die damit verbundene persönliche Beziehung zu Kundinnen und Kunden. Auch wenn man den Eindruck gewinnen könnte, dass online alles möglich ist, belegen persönliche Gespräche mit Kunden oder das Lesen von Foren-Beiträgen, dass das offensichtlich nicht der Fall ist.

Es gibt wohl kaum Kunden, die gerne in Online-Formularen 17 Pflichtfelder ausfüllen, um eine Nachricht an ein Unternehmen schicken „zu dürfen“ oder die gerne stundenlang in Telefonwarteschlangen verbringen und sich durch das Eintippen von Zahlen durch Menüs navigieren. Eigentlich möchte jeder etwas ganz Einfaches: Mit einer Person persönlich sprechen, die ein vielleicht vorhandenes Problem ernst nimmt und dann löst. Genau das können viele unserer Klein- und Mittelunternehmen sehr gut.

Wird das ausreichend gemacht? In vielen Fällen hat man den Eindruck, dass Unternehmen unter dem Eindruck großer internationaler Anbieter, von denen sich dann manche gerne einen österreichischen Anstrich geben, auf allen Dimensionen mit diesen konkurrieren wollen. Genau das ist aber wenig sinnvoll, wenn nicht sogar hoffnungslos, da diese Unternehmen deutlich mehr Ressourcen haben und diese auch einsetzen. Deshalb ist die Konzentration auf eine Dimension, bei denen sich größere Unternehmen deutlich schwerer tun, die logische strategische Alternative. Diese eine Dimension ist vor allem die konsequente Orientierung am Kunden. Durch den persönlichen Kontakt, durch die gute Kenntnis der Kunden und auch durch die räumliche Nähe verfügen viele Klein- und Mittelunternehmen über strategische Wettbewerbsvorteile, die größere internationale Anbieter nicht in der Form bieten können. Das ist zwar keine neue Überlegung, ganz im Gegenteil, aber eine Idee, die seit jeher nachhaltig erfolgreiche Unternehmen ausmacht.

Um den Nachteil in Bezug auf Ressourcen zumindest zum Teil kompensieren zu können, bietet sich für viele Unternehmen ergänzend eine weitere klassische strategische Option an, nämlich die Kooperation. Unternehmen, die alleine nicht stark genug sind, suchen sich häufig Partnerunternehmen, um gemeinsam stärker auf dem Markt auftreten zu können. Aber selbstverständlich ist es kein Erfolgsrezept, allein mehr Ressourcen zu haben – auch die Mehrressourcen müssen im Sinne der Orientierung am Markt eingesetzt werden, um konkurrenzfähig zu sein.

"Eigene Stärken besonders in der Vordergrund stellen"

Um Missverständnissen vorzubeugen: Auf eigene Stärken konzentrieren kann nicht heißen, große international tätige Mitbewerber zu ignorieren. Häufig sind es genau diese Unternehmen, die gewisse Standards setzen und damit die Erwartungen der Kundinnen und Kunden prägen, zum Beispiel in Bezug auf Online-Präsenz oder Logistik. An diesen kommt man auch als Klein- und Mittelunternehmen nicht ganz vorbei und muss sich daran orientieren. Aber die Kette ist immer nur so stark wie das schwächste Glied – insofern geht es letztendlich darum, möglichst keine wirkliche Schwäche aufzuweisen und eigene Stärken besonders in der Vordergrund zu stellen.

Die Krise hat deutlich gemacht, wie wichtig es ist, nahe am Kunden zu sein und den Kunden zu verstehen sowie für den Kunden flexibel Problemlösungen anzubieten. In dieser Phase wurde das auch von vielen Menschen honoriert und viele Menschen haben regional eingekauft. Damit dieses Verhalten nachhaltig wird, müssten jetzt die Erkenntnisse aus der „heißen“ Krise in die Nachkrisenzeit übertragen werden. Deshalb können alle Unternehmen nur eingeladen werden, sich über alle Lernfaktoren Gedanken zu machen und diese dann kundenorientiert umzusetzen. Wenn man den Kunden vor Ort Lösungen von Problemen anbietet, werden diese auch weiterhin nachhaltig regional und lokal kaufen.

Univ.Prof. Ing. Mag. Dr. Thomas Foscht ist Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Uni Graz, Professor für Marketing und Präsident des Marketing-Clubs.