Die Steiermark ist wirtschaftlich in der Oberliga Europas angekommen. Der Aufstieg hat nach einem abrupten Abstieg in den 1980er Jahren lange gedauert und war mit vielen Mühen verbunden. Jetzt aber befindet sich die Steiermark im Mittelfeld der 58 Topregionen Europas, den „hoch entwickelten Industrieregionen“ mit hoher Produktivität und hohem Einkommen (von den insgesamt 270).

Auch im innerösterreichischen Vergleich hat sich die Steiermark in den letzten fünf Jahren überdurchschnittlich entwickelt: Die Beschäftigung hat jährlich um 2 Prozent zugenommen (österreichweit 1,8 Prozent), die Arbeitslosenquote – in den 1980er und 1990er Jahren noch einiges über dem Österreichdurchschnitt – liegt nun deutlich darunter, auch das Wirtschaftswachstum war zuletzt das stärkste von allen Bundesländern.

Insgesamt: Die Steiermark ist auf hohem Niveau stabil unterwegs. Kurzfristige konjunkturelle Ängste sind übertrieben, schwächere Wachstumsphasen (und um eine solche, nicht um eine Rezession, handelt es sich nach allen Prognosen für das kommende Jahr) sind Teil des Wirtschaftslebens, von denen manche Branchen stärker, andere kaum betroffen sind.

Der große Einbruch steht nicht bevor

Die starke Exportorientierung, die der Steiermark insgesamt große Vorteile gebracht hat und noch immer bringt, macht anfälliger für weltwirtschaftliche Veränderungen. Jedoch sind sowohl Branchen- als auch Exportstruktur vielfältiger geworden. Der große Einbruch, die große Finanzkrise steht nicht bevor.

Allerdings: In der Oberliga zu spielen, ist nicht einfach, erfordert neues Selbstbewusstsein, erfordert Wettbewerbsfähigkeit auf europäischer und internationaler Ebene. Es geht nicht mehr um ein Aufholen, sondern um ein Mitspielen auf hohem Niveau. Damit ergeben sich neue Herausforderungen.

Eigene Zukunftsstrategien für steirische Regionen

Die Steiermark ist nur als Ganzes stark. Der Zusammenhalt der vielfältigen Regionen der Steiermark – hoch vom Dachstein an bis ins Rebenland – muss erhalten bleiben. Die Steiermark lebt nicht nur von den Zentralräumen Graz und der industriellen Obersteiermark, sondern auch von den ländlichen Räumen. Für jede dieser Teilregionen, die jeweils spezifische Potenziale haben, braucht es eine eigene Zukunftsstrategie. Ein positiver Aspekt dabei: Im Gegensatz zum europäischen Trend haben die wirtschaftlichen Unterschiede innerhalb der Steiermark nicht zu-, sondern abgenommen.

Dafür braucht es zusätzliche und neue Dimensionen von Infrastruktur. Neben den üblichen Forderungen des Ausbaus der Bahn nach Norden, der Autobahn zu den Nachbarn im Süden und der Nahverbindungen des öffentlichen Verkehrs geht es vor allem um eine forcierte Digitalisierung. Hier hat die Steiermark Aufholbedarf. Nach wie vor gibt es beträchtliche Versorgungsunterschiede zwischen den Regionen – die digitale Kluft besteht auch in räumlicher Hinsicht. Ein Ausbau des Netzes abseits der Zentren, bei den berühmten „letzten Kilometern“, ist damit eine wesentliche Aufgabe für die Regionalpolitik.

Ständiges Anpassen des Innovationssystems

Forschung und Entwicklung bleibt wichtige und treibende Kräfte. Mit berechtigtem Stolz wird auf die hohe Quote verwiesen (der Anteil der F&E-Ausgaben an der Wertschöpfung betrug zuletzt um die 5 Prozent). Im Wettbewerb mit den Spitzenregionen Europas und der Welt ist dies allerdings kein Ruhekissen. Wichtig ist dabei das Zusammenwirken der vielfältigen Elemente und Institutionen – Universitäten, Cluster, Kompetenzzentren, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, forschende Unternehmen sowie deren qualifizierte Beschäftigte. Manche sind in die Jahre gekommen. Dieses sehr dichte „Innovationssystem Steiermark“ bedarf ständigen Beobachtens, auch ständigen Anpassens und Fokussierens. Auch einer ausreichenden finanziellen Dotierung: Von der gesamten Forschungssumme von 2,5 Milliarden Euro stammen drei Viertel aus dem Unternehmenssektor, im steirischen Budget gibt es für Wissenschaft nur 45 Millionen Euro. Selbst wenn man Teile der Wirtschaftsförderung (rund 50 Millionen) dazuzählt, ist der rein steirische Aufwand dafür nicht allzu hoch. Positiv anzumerken ist, dass sich gerade im Forschungsbereich überregionale Kooperationen, mit Kärnten, Oberösterreich, Burgenland, verstärken.

"Sparen tut hier besonders weh . . ."

Und das Landesbudget? Selbstverständlich stoßen wir hier an Grenzen, die Ausgaben sind seit 2015 überproportional gestiegen. Zwar unterliegt ein öffentlicher Haushalt nicht den gleichen Einschränkungen wie ein privater, ein weiterer Anstieg des Defizits und des Schuldenstandes ist trotzdem mit äußerst negativen Folgen verbunden. Allerdings sind die Spielräume auf der Einnahmenseite durch den Finanzausgleich fast zur Gänze vorgegeben (hier mehr zu erwarten, ist ein Wunsch ans Christkind nach Weihnachten), somit auf die Ausgabenseite begrenzt.

Die Hauptausgabenpositionen betreffen sensible Bereiche, sparen tut hier besonders weh: Gesundheit und Pflege, Bildung, soziale Wohlfahrt, Verwaltung, Wohnbau. Manche Phasen der früheren „Reformpartnerschaft“ haben jedoch gezeigt, dass sowohl direkte Kürzungen als auch Einschnitte im Sinne von geringeren Zuwachsraten möglich sind. Bei gleichzeitigem Bewusstsein, dass aufgebaute Schuldenbestände nur langsam abgebaut werden können. Anders geht es auch nicht: Ein Budget ist kein wendiges Schnellboot, sondern ein schwerer Tanker, der sich nur langsam bewegen lässt. Weder aus politischen noch aus ökonomischen Gründen ist es möglich und sinnvoll, allzu große Schnitte kurzfristig durchzuführen. Umso wichtiger ist rechtzeitiges Steuern. Auch um der Bevölkerung klarzumachen, dass es mit Einschnitten ernst ist.

Das ist zeitweise ja schon gelungen, hier und andernorts. Schuldenbremse ist angesagt. Regionalpolitik im Allgemeinen, regionale Wirtschaftspolitik im Speziellen hat in Zeiten von europäischem und globalem Wettbewerb geringe Spielräume. Und wird nicht nur von „der Politik“ gemacht. Um in der Oberliga mitspielen zu können, braucht es Teamarbeit: von Bundes- und Landespolitik, von Sozialpartnern, auch von Unternehmen und ihren Beschäftigten. Nur gemeinsam, mit neuem Selbstbewusstsein kann die Steiermark stark bleiben.

Michael Steiner, geboren 1951 in Bruck/Mur, studierte Jus, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, zunächst Assistent und seit 1997 Professor am Institut für Volkswirtschaftslehre an der Uni Graz.

Professor Michael Steiner