Ein Facebook-Posting ließ am Donnerstag die Wogen hochgehen – ein Kind sitzt mit dicker Jacke bekleidet auf einem Stuhl vor einem offenen Fenster der Volksschule Voitsberg. "Dieser 9-jährige Bub musste diese Woche seine Schularbeit bei -1 Grad Celsius im Freien schreiben, weil die Direktorin der VS Voitsberg sein Maskenbefreiungsattest willkürlich nicht akzeptierte", betitelt Jürgen Groß, der das Foto im sozialen Netzwerk Facebook gepostet hat.

Mehrere Tausende Malewird das Posting binnen weniger Stunden geteilt, die Hintergründe des Bildes sind zu diesem Zeitpunkt noch unklar. Bei einem Lokalaugenschein vor der Schule will Direktorin Margret Riedl keinen Kommentar dazu abgeben. Die Bildungsdirektion hat sich bereits eingeschaltet, derzeit wird die Gültigkeit des Attests geprüft.

Am heutigen Freitag  soll ein Dienstgespräch mit der Schulleiterin und der Klassenlehrerin stattfinden, bei dem sie Stellung beziehen können. Zudem wird betont, dass die rechtlichen Bestimmungen keine Möglichkeit vorsehen, schriftliche Prüfungen außerhalb des Schulgebäudes durchzuführen. "Das ist nicht üblich und in dieser Form sicher nicht zulässig", sagte der stellvertretende Bildungsdirektor Bernhard Just dem ORF Steiermark. Just deutete aber auch Konsequenzen für jene an, die aufgrund des Bildes über soziale Medien "Falschmeldungen verbreiten und Drohungen aussprechen". Die Polizei sei bereits involviert.

Eltern machten Fotos

Der Vater des Kindes hat sich inzwischen zu Wort gemeldet und teilt die Hintergründe zum Bild mit der Kleinen Zeitung. "Meine Frau und ich haben die Fotos gemacht", sagt Vater Markus Fischer, der mit seiner Familie in Rosental lebt. Entstanden ist das auf Facebook kursierende Bild am 11. Jänner während eines Sachunterrichtstests. Zu diesem Zeitpunkt war für die Eltern bereits klar gewesen, dass sie ihren Sohn von der Schule abmelden. "Wir haben in den Weihnachtsferien einen Termin bei einem Arzt bekommen, der eine Maskenbefreiung für unseren Sohn ausgestellt hat", so Fischer. Bei dem Arzt handelt es sich um den impfskeptischen Grazer Arzt Klaus Bielau, der 2019 nach einer Impfgegner-Doku von der Ärztekammer angezeigt worden war.

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Warum genau der Bub eine Maskenbefreiung braucht, geht aus dem Schreiben, das der Kleinen Zeitung vorliegt, nicht hervor, auch der Vater will keine genauen Angaben machen. "Das unterliegt der ärztlichen Schweigepflicht", so Fischer. "Umsonst hat er das Attest nicht bekommen." Am 9. Jänner schickte das Ehepaar das Attest über die Schulplattform an die Lehrerinnen, einen Tag später, am ersten Schultag, bekamen sie einen Anruf. "Uns wurde mitgeteilt, dass Jasons Attest von der Direktion nicht akzeptiert wird und wir ihn abholen müssen."

Die Direktorin habe dem Vater mitgeteilt, dass sie die Verantwortung für 340 Kinder trage und deshalb nicht riskieren wolle, dass etwas passiert. "Wir haben dann beschlossen, Jason von der Schule abzumelden", erläutert Fischer die Situation weiter.

15 bis 20 Minuten im Freien

Doch warum musste der Bub nun am Dienstag bei Minusgraden einen Sachunterrichtstest schreiben? "Es war uns und Jason wichtig, noch an dem Test teilzunehmen, bevor er die Schule verlässt, er hat sich drei Wochen lang darauf vorbereitet", sagt der Vater. Die Klassenlehrerinnen des Buben hätten sich daraufhin diese Lösung überlegt. "Das war anscheinend die einzige Möglichkeit, wie er den Test noch schreiben konnte." Die Familie fuhr aus diesem Grund am Dienstag für den Test zum Schulgebäude und brachte den Buben zum Klassenfenster. 15 bis 20 Minuten absolvierte der Neunjährige dann vor dem Fenster parallel zur restlichen Klasse den Test. "Die Direktorin hat zwar gemeint, in Zeiten wie diesen wäre der Test nicht so wichtig, aber wir haben gesagt, wir bestehen darauf, da Jason das Lernen belastet hat und dadurch wurde dieses Gewicht von ihm genommen."

Während des Tests meldete der Vater, der mit seiner Familie zuvor 16 Jahre in Thailand und fünf Jahre in Ecuador gelebt hatte, seinen Sohn vom Hort ab. "Er geht jetzt in Rosental zur Schule." Dort darf er mit einem Schild am Unterricht teilnehmen.

Tränenreicher Abschied

Dem Buben fiel der Abschied von seiner Schule sichtlich schwer. "Ich mochte meine Lehrerinnen sehr und werde meine Freunde vermissen", sagt er. Zum Abschied gab es für den Neunjährigen ein T-Shirt mit Unterschriften seiner Mitschülerinnen und Mitschüler, auch eine Karte malten sie ihm. "Er hat bitterlich geweint", so Fischer. "Aber wir wollen ihn einfach nicht an eine Schule schicken, wo so unmenschlich agiert wird."