Ein 46-jähriger Obstbauer aus der Steiermark hat sich am Mittwoch im Grazer Straflandesgericht wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs verantworten müssen. Der Mann gestand, mehr als 8,5 Millionen Euro an Vorsteuern für angebliche Apfellieferungen ins Ausland vom Finanzamt zu Unrecht bekommen zu haben. Das Geld investierte er offenbar zu großen Teilen in seinen landwirtschaftlichen Betrieb sowie in seine vom Konkurs bedrohten Firmen.

Von 2006 bis 2018 hatte der Unternehmer die öffentliche Hand offenbar geprellt und mit gefälschten Rechnungen und Firmenstempel vom Finanzamt Steuern bezogen, die ihm nicht zugestanden wären. Erledigt hat er dies mit dem Formular U5 „in insgesamt 699 Fällen“, wie der Oberstaatsanwalt erklärt. Noch dazu hatte er die Gelder von zwei Stellen - also doppelt - erhalten. "Es ist extrem leicht gegangen", meinte er zu Richterin Elisabeth Juschitz. Er wisse, dass es ein großer Fehler war: "Ich war zu blöd, um sonst wirtschaftlich gut zu arbeiten. Ich hatte das Ziel, den perfekten Obstbaubetrieb aufzuziehen."

Selbst eine Verurteilung wegen Urkundenfälschung und Betrugs im Jahr 2018, als er Marillen aus Ungarn als österreichische verkauft hatte, waren ihm nicht Warnung genug. Er machte mit dem Betrug weiter. "Es waren Kredite und wirtschaftlicher Druck da", rechtfertigte er sich. "Den haben aber andere auch. Wissen Sie, wie viele andere Bauern wegen Ihnen in Schwierigkeiten gekommen sind?", fragte die Richterin. "Mir tut's eh leid", meinte der Angeklagte.

Gutes Geschäft

„Wie es passiert ist, wissen wir“, sagt sein Verteidiger Gerald Ruhri, „es geht heute darum zu erklären, warum.“ Danach schildert der Anwalt den Werdegang des kleinen Landwirten, „der zunächst selbst mit dem VW-Bus nach Salzburg Äpfel verkaufen gefahren ist. Aus dem Bus wurde ein Lkw – der Landwirt wurde Großunternehmer. Er ist aber kein Kaufmann. Es gab Millionen-Umsätze, aber kein Controlling und niemanden mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund." Als 2005 eine große Handelskette plötzlich als Abnehmer wegfiel und der Angeklagte seine Apfel-Zulieferer bezahlen musste, habe er sich entschlossen, über die Umsatzsteuerrückvergütung Gelder zu lukrieren.

Durch die doppelten Leistungen des Finanzamts hatte er bis 2009 seine in finanzielle Schieflage geratene GmbH wieder saniert und die Forderungen seiner Zulieferer erfüllt. Doch dann wollte er seine landwirtschaftlichen Flächen auf Vordermann bringen und investierte Millionen, die er sich weiterhin zu großen Teilen zu Unrecht von der öffentlichen Hand holte. Insgesamt sollen es mehr als 8,5 Millionen Euro gewesen sein. Bisher hat er 75.000 Euro zurückgezahlt. "Es ist unbestritten eine hohe Summe, aber es ging nicht in die persönliche Tasche. Er hatte weder Luxusurlaube noch Porsches", sagte sein Verteidiger. Lediglich ein Einfamilienhaus im Wert von rund 500.000 Euro habe er zusammen mit seiner Lebensgefährtin gebaut, gab der Landwirt an.

Richterin Juschitz fragte ihn, warum er damals nicht in Konkurs gehen wollte. "Das war einer meiner größten Fehler, dass ich das 2005 nicht gemacht habe. Meine Ehre und mein Stolz haben das nicht erlaubt." Der 46-Jährige gestand, dass es nur rund 20 Prozent der Apfellieferungen nach Rumänien, Moldawien und Bosnien tatsächlich gegeben habe. Der Rest sei erfunden gewesen.

Der Obstbauer ist Mittwochmittag schließlich von den Schöffen unter Vorsitz von Richterin Elisabeth Juschitz zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Außerdem muss er dem Finanzamt die mehr als acht Millionen Euro zurückzahlen. Der Angeklagte bat um drei Tage Bedenkzeit. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab, das Urteil ist daher noch nicht rechtskräftig.