Marcel Hirscher bewegt nach wie vor. Sein Training mit den österreichischen Riesentorläufern samt wilden Comeback-Gerüchten bewegte die Massen. Was oft ausbleibt: Wortmeldungen des achtfachen Gesamtweltcup-Siegers. Speziell seit seinem Rücktritt vom aktiven Sport ist er sehr sparsam mit Wortmeldungen gegenüber Medien bzw. in der Öffentlichkeit.

Beim Audi-Talk in Salzburg sprach der achtfache Gesamtweltcup-Sieger über viele Themen. So auch über: 

... den Sieg Manuel Fellers: Das Rennen mental so anzugehen wie er, auch nach der Vorgeschichte, das hat mir schon sehr getaugt. Denn die Art und Weise, so ein Rennen zu gewinnen, wie man fährt, welche spuren man hinterlässt, das war mir auch immer wichtig. Und, zum Hang in Flachau: er ist nicht der steilste, das stimmt. Aber es macht es deswegen nicht leichter, dort zu gewinnen.

... über seine Nachfolger: Ich war überrascht nach meinem Rücktritt. Gewisse Athleten waren viel konstanter, als ich noch mitgefahren bin, als in der Saison, wo ich weg war. Das Feld wurde neu gemischt, meine Erwartungen wurden nicht erfüllt. Aber das ist ja auch das Schöne am Sport. Man merkt, wie schwer es ist, über lange Zeit zu performen. Ob das auch meine Erfolge noch besser macht, müssen andere beurteilten. Aber für mich bekommt alles mehr Kontur und mehr Stellenwert. Mir war das nicht bewusst, was es heißt, Rennen für Rennen für Rennen dieselbe Leistung abzurufen. Es wird mir langsam klar, was da alles möglich war.

... über die Stürze in Adelboden: Es ist erschreckend. Drei Podestfahrer sind einfach weg, vorbei. Es ist arg, wie brutal dieser Sport ist. So lange alles gut ist, merkt man gar nicht, wie brutal es zur Sache geht. Das Equipment fliegt durch die Gegend und leider auch die Band-Strukturen. Die G-Kärfte, die da einsetzen, sind grenzwertig. Ich war immer ein Befürworter, um das Tempo rauszunehmen. Weil jede Disziplin, jeder Ski, hat seine Geschwindigkeit. Wenn aber ein Riesentorlauf elf Sekunden schneller ist, als zu der Zeit, als ich gefahren bin, dann denke ich nicht, dass das einer der Konsumenten merkt, aber es ist ein Wahnsinn. Die Geschwindigkeit ins Ziel hinein war bei Lucas Braathen sehr hoch. Wenn man da das Tempo rausnimmt, dann ist das der erste Schritt zur Prävention.

... seine Fitness: Ich gehe nicht mehr täglich ins Studio. Aber ich bin gesund, bis auf ein paar kleinere Rückenprobleme bin ich gesund aus meiner Karriere gekommen, die Knie sind heil. Man kann also sagen, dass ich fitter bin als die meisten Dreißigjährigen.

... seine mentale Stärke: Entweder man hat das, oder man hat das nicht. Die Gabe, dass man im Rennen zulegt. Das kann man auch nicht trainieren. Im Wettkampf noch einmal einen drauf zu setzen, das ist ein Geschenk, das man mitbekommt.

... über Normalität: Laura war an meiner Seite, um einen Funken Normalität zu haben. Da war der Wettkampf, das Adrenalin – und alle dachten nach Siegen, pfoah, der wird jetzt feiern, eine gute Zeit haben. Wir hatten eine gute Zeit. Aber wir haben was Gutes gegessen, wir haben uns ein paar Serien angeschaut. Das war es. Ich war überall auf der Welt, aber ich habe nichts gesehen. Flughäfen und Skipisten, ja, aber sonst nichts. Aber jeder Beruf hat gute und weniger gute Seiten.

... über Druck auf sich selbst: Ich habe mich selbst so gepusht, den Druck mir aufzuerlegen, wie es nur geht. Woher auch immer, ich habe mitbekommen, dass ich mit Druck auch wachse. Nur so war es möglich, dass ich von mentaler Seite keinen Gang zurückgeschaltet habe, sondern auf die fünfte hinauf geschaltet habe. Das sind eben diese Geschenke, die man bekommt.

... über Schlaf vor den Rennen: Mit Schlaf war am Ende nicht mehr viel. Und da darf man sich auch nicht über Verletzungen wundern, da ist auch ein Ausverkauf der Athleten. Ich war grantig, wenn ich nach einer schlaflosen Nacht etwa in Kitzbühel fahren musste. Das war die einzige Möglichkeit, mich zu pushen. Wenn wir alle eine schlechte Nacht hatten, und wissen, dass wir müssen … das trifft zu, ich kann den Wettkampf ja nicht verschieben, dann wissen wir: Zähne zusammenbeißen, durch, das Beste draus machen.

... ein Comeback im Freeride-Weltcup: Wenn man zehn Jahre so in der Auslage steht, dann ist ein Limit erreicht. Es geht nicht mehr und ich mag auch nicht mehr. Ich habe versucht, es zu pushen, solange es geht. Das war der Zugang: Die Zeit, in der ich da bin, will ich so viel wie möglich mitnehmen. Und ich will mich auch nicht mehr judgen lassen. Wieder einen Weltcup bestreiten, da wäre der Spaß schnell weg, die Freude. Mein Skifahren hat mit dem Skifahren dort nichts zu tun. Zu glauben, dort Fuß fassen zu können, ist genau so ein Blödsinn wie umgekehrt.

... einen Start bei der Dakar: Matthias Walkner hat schon gewisse Pläne mit mir, schauen wir, wie sich das alles entwickelt. Die Dakar ging gerade zu Ende, eines der letzten riesengroßen Abenteuer. Sie fordert leider auch viele Opfer. Ich bin fasziniert, dass Audi diesen Weg geht ab 2022, noch dazu mit einem E-Auto, darauf bin ich gespannt. Aber ich gehe davon aus, dass die Performance super sein wird. Und wer weiß, welche Möglichkeiten sich für mich irgendwann ergeben.