Es war der Angriff der Jugend zum Auftakt in die neue Saison – und er ist geglückt: Lucas Braathen, für viele schon vor dem Rennen ein (Mit-)Favorit, fuhr seinen ersten Sieg im Weltcup ein, vor Marco Odermatt (23) und dessen bestem Freund, Gino Caviezel. Der wiederum ist zwar schon 28 Jahre jung, aber aufs Podest hatte er es zuvor nie geschafft.

Klar scheint aber: An das neue Siegergesicht aus Norwegen wird man sich gewöhnen müssen. Denn Lucas Pinheiro Braathen, wie sein voller Name lautet, ist sicher kein „One-Hit-Wonder“. Zu sehr ist es seine Leidenschaft, die besten des Fachs zu jagen, denn: „Ich will immer selbst der Beste sein. Zuerst wollte ich besser sein als die Gleichaltrigen, dann als die, die auf dem Podest waren, dann wollte ich siegen.

Fußball, das hat nicht gepasst

Dieses Ziel begann er erst mit zwölf Jahren zu verfolgen, bis dahin spielte er Fußball, so wie sein bekannter Landsmann Erling Haaland. „Aber“, gibt der Mann mit portugiesischem Mittelnamen an, „das ging nicht gut. Ich war immer wahnsinnig wild auf meine Teamkollegen, wenn sie schlecht waren.“ Da war Skisport weit besser. Mit seinem Vater erarbeitet er einen Zehn-Jahres-Plan, weil er so spät mit dem Sport begann. „Ganz ehrlich? Am Anfang war ich Letzter. Immer. Aber das war der Beginn der Arbeit, Tag für Tag, Jahr für Jahr. Es ging Schritt für Schritt.“

Braathen lebt seinen Traum mit jeder Faser, wie er sagt, obwohl er ein typischer Vertreter der neuen Generation ist, wie er selbst sagt: „Wir sind die, die mit diesem Material aufgewachsen sind. Wir fuhren immer schon gegeneinander. Und jetzt sind wir da.“ Der Plan mit dem Vater sah übrigens vor, sich in den frühen Zwanzigern in den Top 10, Top 15 zu etablieren. Jetzt hat er den ersten Sieg, als zweitjüngster Mann im gesamten Starterfeld.

Sölden, das mag er scheinbar, denn hier war er schon im Vorjahr mit Nummer 40 auf Platz sechs gerast. Dann kam auch Kitzbühel – ein ganz besonderer Schritt, wie er sagt: „Allein, dort sein zu dürfen, war für mich ein Geschenk. Es war immer mein Traum, dort zu sein – und dann vorne dabei zu sein, die Leute deinen Namen rufen zu hören, das war ein Kick.“

Diese Kicks sind es, die ihn antreiben, auch im Privaten, wo er eher „adrenalinlastige“ Hobbys pflegt, die aber alle seine Koordination schulen – ob Skateboard, ob Motocross, ob Artistik und waghalsige Sprünge mit seinem „Best Buddy“, dem Freestyler Birk Ruud. Kein Wunder also für ihn, dass es gerade in Sölden schon zum zweiten Mal klappt. „Dieser Hang“, sagt er, „liegt mir. Hier musst du kämpfen, arbeiten von oben bis unten. Du musst riskieren, Vertrauen haben.“ Nicht einmal schwere Fehler bremsten ihn an diesem Tag. "Dabei habe ich gedacht, das war es, ich habe nicht gewusst, ob ich es ins nächste Tor schaffe  aber irgendwie habe ich es sogar geschafft, das Tempo mitzunehmen."

Jetzt ist er der aufgehende Stern am Weltcuphimmel. Da muss er lächeln? „Ich wollte immer in den Medien sein, die Großen ärgern. Jetzt zu siegen, ist Wahnsinn. Auch wenn die Fans fehlten, die meinen Namen gerufen hätten. Mein Team war da, hat mich bejubelt. Das reicht mir.“