Eines vorweg: Es ist durchaus ein wenig Aufwand, wenn man an einer Telefonkonferenz mit dem Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, teilnehmen will. Just, wenn diese nicht einmal 24 Stunden nach einem historischen Ereignis in Szene geht - der erstmaligen Verschiebung (Absage ist es ja nicht) von Spielen in globalen Friedenszeiten. Das Coronavirus hat die Sportwelt offenbar endgültig lahmgelegt.

Leitartikel: "Der lange Tunnel für Olympia"

Warum Aufwand? Ohne Einwählnummer, "Passcode" und Extra-Pin ist nichts zu machen. Und mit dem Einwählen sollte man tunlichst 15 Minuten vor der Konferenz beginnen - der Verifizierungsprozess kann dauern. 400 Journalisten aus aller Welt schaffen es aber, dem Präsidenten zu lauschen. Die Kurzfassung der folgenden 50 Minuten: Das IOC hat alles richtig gemacht - und weiß noch nicht genau, wie es weitergeht. 

Taskforce namens "Here we go!"

Zunächst zur Zukunft: Die "Coordination Commission" mit Vertretern des IOC und des Organisationskomitees hat eine eigene "Taskforce" gebildet. "Und der hat man einen guten Namen gegeben, der einen guten Spirit ausdrückt", sagt Bach: "Here we go" nennt sich diese Untergruppe, also: "Los geht's!" Erster Schritt: Konsultierung aller 33 internationalen Verbände, die bereits kontaktiert wurden und am Donnerstag in einer Telefonkonferenz gemeinsam mögliche Termine checken sollen. "Das ist aber nur Schritt eins, denn: Wir müssen alle Stakeholder in Betracht ziehen - IOC, Athleten, Partner, Organisationskomitee, das Land, Verbände."

Bach will sich auf folgende Fragen nach Einzelheiten aber nicht deklarieren: "Sie müssen verstehen, das Ganze ist wie ein wirklich großes Puzzle. Wenn man nur einen Teil herausnimmt, dann ist das Puzzle kaputt. Alles muss passen, alles ist wichtig." Was dem Deutschen Mut macht: "Tokio war die am besten vorbereitete Stadt aller Zeiten und ich weiß, wozu unsere Kommission und unsere Abteilung für die Abwicklung der Spiele in der Lage sind. Und daher bin ich sicher, dass wir diese Challenge, die es so noch nie gab, meistern. Aber es gibt keinen Blueprint, keine Vorlage! Aber wir haben Vertrauen, dass wir ein wunderschönes Puzzle zusammenbringen werden."

Der Ablauf

Beherrschendes Thema der Konferenz war aber die Frage, ob man etwas falsch gemacht habe, nicht zeitgerecht reagiert habe. Ob sich er, Bach, selbst etwas vorwerfen müsse. "Nein", sagt er da, denn: "Wir hatten zunächst einen Fokus - die Frage, ob Japan es schafft, bereit zu sein, die Welt willkommen zu heißen. Das sah lange danach aus, daher brauchten unsere Freunde und Partner dort unsere bedingungslose Verpflichtung." Dann habe sich der Fokus geändert, immer schneller. "Auf einmal kamen Reisebeschränkungen, die sich immer weiter beschleunigende, weltweite Verbreitung des Virus. Und die Frage, ob wir es Japan zumuten können, die Welt willkommen zu heißen!"

Am Sonntag kamen erste Zweifel, am Dienstag erfolgte "in Übereinstimmung mit Premierminister Shinzo Abe" die Verschiebung. Diesen Vorgang beschreibt Bach detailliert, in der Hoffnung, so die Kritik zu kontern. Er beharrt auch gegenüber einer kanadischen Journalistin darauf, dass Kanadas NOK noch zwei Tage, bevor man die eigene Teilnahme abgesagt habe, für Olympia 2020 gestimmt habe. Er beschreibt, dass das IOC mit Athleten gesprochen habe "und kein einziger hat sich noch in der Vorwoche nach einer Verschiebung erkundigt".