Das Video-Gespräch von IOC-Präsident Thomas Bach mit der längere Zeit verschwundenen chinesischen Tennisspielerin Peng Shuai hat zu einer heftigen Kontroverse im Weltsport geführt. Unter anderem zeigten sich die WTA, die Sportler-Vereinigung Global Athlete und Amnesty International irritiert und warfen dem IOC teils vor, sich damit mitschuldig zu machen.

Peng hatte Anfang November im sozialen Netzwerk Weibo Vorwürfe wegen eines sexuellen Übergriffs durch den chinesischen Spitzenpolitiker Zhang Gaoli veröffentlicht. Danach war sie zunächst nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen worden. Das IOC hatte am Sonntag mitgeteilt, Bach habe ein Videotelefonat mit der Tennisspielerin geführt. Diese habe erklärt, sie sei in Sicherheit.

Die 35-jährige Weltklasse-Doppelspielerin habe in der 30-minütigen Videoschalte mit Bach gleichzeitig darum gebeten, dass ihre Privatsphäre in jeder Hinsicht respektiert werde. "Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns aus Rücksicht auf ihre Privatsphäre nicht weiter äußern werden", teilte das IOC mit.

Global Athlete warf dem Internationalen Olympischen Komitee vor, sich dadurch "mitschuldig an der bösartigen Propaganda der chinesischen Behörden und deren mangelndem Interesse an grundlegenden Menschenrechten und Gerechtigkeit" zu machen. Ein Video-Gespräch sei keineswegs eine Garantie dafür, dass Peng sicher und wohlauf sei. Diese Meinung vertrat auch die WTA.

Mit seiner Haltung in der Sache habe das IOC erneut bewiesen, dass es "Athleten im Stich lässt, an der Seite von gewaltsamen autoritären Regimen steht und Menschenrechte ignoriert", hieß es in der Stellungnahme von Global Athlete. Mit seiner Einladung zum Abendessen an Peng habe Bach die "todernste Situation verspottet, die leider zu vielen weiblichen Athleten sehr vertraut ist". Das IOC begebe sich "in gefährliche Gewässer", teilte Amnesty International mit. Man sollte sich nicht an Aktionen beteiligen, die mögliche Menschenrechtsverletzungen weißwaschen.

Dagegen unterstützte der Leichtathletik-Weltpräsident Sebastian Coe die Diplomatie des IOC mit China in Bezug auf Peng. "Kriegerische Geräusche" über einen möglichen diplomatischen Boykott der Winterspiele im Februar 2022 in Peking wären eine "eine ziemlich bedeutungslose Geste", sagte der Brite im Interview mit dem britischen Rundfunksender BBC Today am Montag. Zur Frage, ob es Peng erlaubt werden sollte, China zu verlassen, antwortete er: "Ich bin nicht in der Position, solche Beurteilungen abzugeben."

Die Affäre um die 35-jährige Weltklasse-Doppelspielerin bringt das IOC knapp zweieinhalb Monate vor den Olympischen Winterspielen in Peking (4. bis 20. Februar) zusätzlich stark in Bedrängnis. China steht wegen Verstößen gegen die Menschenrechte ohnehin in der Kritik.