Auch Deutschlands ehemalige Fed-Cup-Kapitänin Barbara Rittner kam als Co-Kommentatorin auf Eurosport aus dem Staunen nicht mehr heraus, als Belinda Bencic im US-Open-Achtelfinale der letztjährigen French-Open-Siegerin Iga Swiatek die Winner nur so um die Ohren knallte und am Ende als verdiente 7:6, 6:3-Siegerin vom Platz ging. "So kenne ich sie gar nicht, so locker und unbekümmert hat sie noch nie gespielt", sagte eine regelrecht perplexe Rittner.

Der Auslöser für diesen beeindruckenden Auftritt der Schweizerin, die in der Runde der letzten Acht heute auf Englands Sensations-Teenager Emma Raducanu trifft, liegt gut einen Monat zurück. Da gewann die 24-Jährige bei den Olympischen Spielen in Tokio Gold im Einzel. Ein Erfolg, der bei ihr einen Knoten löste: "Seitdem verspüre ich keinerlei Druck mehr und kann völlig befreit aufspielen", sagt Bencic.

Auch Zverev im Höhenflug

Ganz so deutlich hat es Alexander Zverev zwar nicht ausgedrückt, doch gilt für den Deutschen dasselbe. Nachdem sich der Hamburger in Japan zum Olympiasieger gekrönt hat, spielt er viel befreiter auf. Es folgte der Masters-Titel in Cincinnati sowie der jetzige Einzug ins New Yorker Viertelfinale. Und es würde mittlerweile niemanden mehr wundern, würde Zverev im Falle eines Halbfinalduells Novak Djokovic erneut die Erfolgssuppe versalzen. In Tokio zerstörte er den Golden-Slam-Traum des Serben, in New York könnte er die Grand-Slam-Ambitionen des "Djokers" platzen lassen.

"Wie in allen Sportarten spielt natürlich auch im Tennis der mentale Faktor eine entscheidende Rolle. Nach einem großen Erfolg befindet sich alles mehr im Flow, das Vertrauen in die eigene Leistung ist gesteigert, man kann die Automatismen, die man sich jahrelang angeeignet hat, laufen lassen", bestätigt auch die Grazer Sport-Psychologin Kerstin Eibel.

Schattenseite des Erfolgs

Allerdings hat der Erfolg auch seine Schattenseiten. Nachdem sich Dominic Thiem vergangenes Jahr mit dem Triumph bei den US Open seinen Lebenstraum erfüllt hatte, löste er damit eine Abwärtsspirale aus. Statt befreit aufzuspielen, gipfelte beim Österreicher eine darauf folgende Zeit der Erfolgslosigkeit in einem tiefen Motivationsloch.

"Hat man sein Lebensziel erreicht, will man den Erfolg erst einmal genießen. Dann gilt es, sich neu zu orientieren und neue Ziele zu definieren. Da spielt der Persönlichkeitsfaktor eine Rolle, wie gut oder weniger gut das jemandem gelingt", sagt Eibel, die aber fest davon überzeugt ist, "dass Thiem den Weg zurück an die Spitze schaffen wird. So bitter seine derzeitige Verletzung auch ist, er kann die zusätzlichen Zeitressourcen ideal für sich nützen. Sowohl körperlich, als auch mental."