"Todesgruppe." So bezeichnete der deutsche Bundestrainer Alfred Gislason den Pool D der EM in Ungarn und der Slowakei: "Jeder kann jeden schlagen. Wir wissen, wie gefährlich diese Gruppe ist." Deutschland, Polen, Weißrussland und Österreich werden sich in Bratislava zwei Plätze in der Hauptrunde ausspielen. Für Österreich beginnt das Großereignis gegen Polen (Freitag, 20.30 Uhr) und Trainer Aleš Pajovič muss sein Team ohne Test aufs Feld schicken: Beide geplanten Partien wurden nach Covid-Fällen beim Gegner abgesagt. Pajovič: "Nicht optimal, aber Gesundheit geht vor. Auch wenn man bei Tests immer Feedback bekommt, was man ändern muss."

Sehr unterschiedlich wird die aktuelle Covid-Lage in den Gastgeberländern bemessen. Während in der Slowakei die Hallen nur zu 25 Prozent ausgelastet sein dürfen, werden sie in Ungarn voll sein. "Es gibt schon Fälle in anderen Teams. Man hat schon ein bisschen Angst, dass man eine Ansteckung trotz aller Vorsichtsmaßnahmen nicht verhindern kann", sagt Spielmacher Nikola Bilyk. Vor der EM war Österreich isoliert in einer "Blase" – und nur im Hotel, in der Halle oder im Bus.

Auch im Kader Polens, Östereichs Auftaktgegner, gibt es für Corona-Fälle im Team.

Zum Sportlichen: Da hat sich an der Grundidee des Teamchefs im Vergleich zur Heim-EM 2020 (achter Platz) und der mauen WM 2021 (26. Platz) nicht viel geändert. Als ehemaliger Deckungsspieler von Weltformat kennt der Slowene die Macht einer stabilen Verteidigung, will daraus Profit schlagen. Schon zuletzt hat er mit der Variante mit zwei Kreisläufern im Mittelblock (Fabian Posch und Lukas Herburger) gespielt. Die Rückkehr von Alex Hermann soll weitere Stabilität ins Zentrum bringen. Neben Abwehrchef Herburger hat Pajovič mit Daniel Dicker einen weiteren "Spezialisten" im Kader gelassen. Seine Hoffnung: "Wir sind eine junge Truppe. Wenn wir in der Abwehr gut stehen, können wir das nutzen", sagt er– etwa mit schnellen Gegenstößen. Robert Weber (36), zwar nicht mehr jung, aber mit der Erfahrung von neun Großereignissen, soll da treffen. Pajovič: "Wenn alle Faktoren zusammenspielen, haben wir eine der besten Mannschaften unserer Geschichte."

Österreichs Gegner im Überblick

Der härteste Brocken für Österreich wird jedenfalls Deutschland. Wenngleich die DHB-Auswahl nach Ausfällen (Semper, Knorr, Drux, Wiede, Grotzki, Lemke, Kohlbacher) nicht zu den Turnierfavoriten zählt: Der Sieg im Test über Frankreich ließ aufhorchen. Statistisch hat Österreich seit der Wiedervereinigung ohnehin das Nachsehen: 26 Spiele, 2 Siege, 1 Unentschieden, 23 Niederlagen stehen zu Buche. Polen (22/6/1/15) reist mit einer jungen Mannschaft an, die für die Heim-WM im Jahr 2023 geschliffen werden soll. Weißrussland (21/8/2/11) ist wie immer eine Wundertüte – aktuelles Videomaterial ist mehr als rar. Bei der EM 2020 gab es ein 36:36, 2018 waren die Osteuropäer Stolperstein in der Vorrunde (26:27).

Um die Vorrunde zu überstehen, wird Österreich zumindest so eine Leistung wie in Wien 2020 brauchen. Damals wie heute trägt Spielmacher Bilyk die Hauptlast. Er ist von Pajovič mit Alexander Hermann für den linken Aufbau vorgesehen, in der Mitte sollen Gerald Zeiner (Schwaz) und Sebastian Hutecek (Lemgo) Regie führen. Großgewachsene Abwehrreihen zeigten Österreich jüngst immer wieder Grenzen auf. Daher bediente sich Pajovič der Überzahl, nahm den Tormann im Angriff vom Feld: "Wenn wir im Angriff Schwierigkeiten haben, kann das kommen. Unsere Gegner sind physisch sehr stark. 2020 hat diese Taktik ein paar Mal in wichtigen Momenten genützt."

Aporops Tor: Nach dem Teamabschied von ThomasBauer steht mit Golub Doknic wieder ein Mann der großen Gesten im Kasten, der auch pushen kann. Gut möglich, dass vor allem die jungen Polen durch den Harder Schlussmann so eingeschüchtert werden könnten. Ein guter Start ist laut Bilyk essenziell: "Und dann können wir uns vielleicht in einen Rausch spielen."