Sie sind 1997 als Spieler nach Graz gekommen. Was war das erste „Fremdwort“ aus dem Österreichischen, das Sie gelernt haben?
FRANCO FODA: „Hösche“. Ich dachte, es ist die Hose gemeint. Aber Hösche heißt Kreis.

Wie sagt man in Deutschland dazu?
Fünf gegen zwei. Oder einfach „Kreis“.

Welche neuen Vokabel hat es sonst noch gegeben? „Bist du deppert“?
Ja, das kam auch recht früh. Und „Oida!“ (lacht). Und dann brachten die Kinder nach und nach neue Ausdrücke mit nach Hause. Die haben ja so eine Art Schulsteirisch gesprochen.

Gibt es noch Momente, in denen Sie – wenn Österreicher untereinander reden – kein Wort verstehen?
Also wenn ich in ländlichen Gebieten unterwegs bin und jemand redet extrem schnell, muss ich schon gut zuhören.

Was ist Ihnen am Beginn in Österreich sonst noch aufgefallen?
Dass die Kinder in der Schule immer ihre Straßenschuhe aus- und die „Schlapfen“ anziehen und die Kleidung ordentlich in der Garderobe aufhängen mussten. Das hat meiner Frau und mir gut gefallen, weil es etwas mit Sauberkeit, Disziplin und Ordnung zu tun hatte. Das gab’s in Deutschland nicht.

Färben mehr als 20 Jahren in Österreich ab? Was ist das Österreichischste an Ihnen?
Man übernimmt schon etwas, wird in manchen Bereichen etwas entspannter und genießt auch mal die freie Zeit.

Ist das typisch österreichisch?
Ob es typisch ist, weiß ich nicht.

Aber es ist anders als in Deutschland?
Schon. Aber das hat auch mit dem Land zu tun. Österreich ist ein Urlaubsland und wird im Sommer und Winter von vielen Touristen besucht. Deshalb ist vielleicht auch alles entspannter und es herrscht eine gute Atmosphäre.

Was gefällt Ihnen an Österreich am besten?
Ich genieße die Vielfalt an Angeboten. Es gibt Seen, Berge, Kultur, Konzerte und viele tolle Restaurants. Meine Frau und ich lieben das Grüne. Die Lebensqualität ist sehr hoch. Wir werden unseren Lebensabend auf jeden Fall in Graz verbringen. Diese Stadt hat für uns die ideale Größe.

Und die Österreicher? Wie sind wir?
Österreich ist generell sehr hilfsbereit. Was mir extrem gut gefällt, ist, dass man auch an Menschen denkt, denen es nicht so gut geht. Österreicher sind auch sehr herzlich.

Welche Wesenszüge der Österreicher mögen Sie nicht so gerne?
Das ist eine schwierige Frage, da kann ich jetzt nur verlieren (lacht). Ich würde es so sagen: Oft heißt es im ersten Moment „Das geht nicht!“ – dabei geht’s doch. Es gibt hier oft nur schwarz oder weiß.

Dieses Schwarz-Weiß-Denken wächst sich nicht selten zu einer fast bipolaren Störung aus: Man ist himmelhoch jauchzend und im nächsten Augenblick zu Tode betrübt. Blockiert das?
Wir haben das als Nationalteam ja in umgekehrter Reihenfolge erlebt: Nach den ersten beiden Niederlagen in der EM-Qualifikation des heurigen Jahres waren wir die D.... der Nation. Wir waren schlecht, nichts hat funktioniert, alles wurde hinterfragt. Zwei Siege später hat sich die öffentliche Meinung schon wieder gedreht. Das Problem dabei ist aber, dass die Dinge nicht sachlich bewertet werden. Es fehlt der realistische Mittelweg. Ich bliebe auch in schwierigen Situationen nicht zu pessimistisch, habe immer noch den Glauben, dass man trotzdem noch etwas erreichen kann. Genauso bin ich im Erfolg aber nicht zu euphorisch, sondern schätze die Situation realistisch ein. Wenn wir wirklich etwas erreicht haben, kann ich auch richtig euphorisch werden.

Warum ticken die Österreicher so?
Das kann ich schwer beurteilen. In unserem Bekanntenkreis sagen viele Österreicher über sich selbst: „Wir sind immer am Jammern.“ Nur wird es nicht geändert. Man will Konfrontationen meiden und sagt oft „jein“. Es fehlt manchmal eine klare Position. Freilich muss man im Leben auch Kompromisse finden, aber es ist meiner Meinung nach wichtig, seinen Standpunkt konstruktiv zu vertreten.

Wurden oder werden Sie noch oft als „Piefke“ beschimpft?
Ich lebe bereits seit mehr als 20 Jahren in Österreich, also kommt keiner auf die Idee, mich so zu nennen (lacht). Man muss sich aber als jemand, der in Öffentlichkeit steht, schon relativ viel gefallen lassen. Aber ich bin schon jemand, der dagegenhält und seine eigene Meinung kundtut. Die muss nicht immer richtig sein, aber ich habe eine und die sage ich auch. Umgekehrt versuche ich, unsachliche Kritik nicht an mich heranzulassen. Klar ist es angenehmer, wenn man gewinnt. Dann ist die Lebensqualität schon um einiges besser.

Sie hatten bis zu Ihrem siebten Lebensjahr durch Ihren Vater auch die italienische Staatsbürgerschaft. Seither sind Sie nur noch Deutscher. Was hindert Sie daran, Österreicher zu werden?
Im Prinzip gar nichts.

Singen Sie vor Spielen die österreichische Hymne mit?
Ja, die Hymne singe ich. Das habe ich früher als Nationalspieler in Deutschland auch gemacht, weil ich es als etwas Besonderes empfinde. Ich bin zwar Deutscher, aber für mich ist es in Österreich das Größte, das Nationalteam zu trainieren. Das Erklingen der Hymne vor einem Spiel pusht mich. Auch als Trainer. Ich singe nicht mit, weil es irgendjemand fordert, sondern weil es mich vor dem Spiel emotional noch einmal ergreift.

Wie textsicher sind Sie?
Die erste Strophe kann ich perfekt. Die zieht sich so schön.... (singt) „Land der Berge-e, Land am Stro-ome, Land der Äcke-er, Land der Do-ome.“ Und dann kommt die ganze Energie raus... (singt) „vielgerühmte-es Ö-ö-österreich!“ Das kann schon etwas. Das taugt mir.