In dem angenommenen Änderungsantrag heißt es: "Wir halten einen Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union und die Gründung einer neuen europäischen Wirtschafts- und Interessengemeinschaft für notwendig." In dem Leitantrag für das Bundestagswahlprogramm war ein Austritt dagegen nur als Option aufgeführt, für den Fall, dass die AfD ihre Reformpläne nicht durchsetzen könne.

Meuthen, der für die AfD im Europaparlament sitzt, warb vehement für eine Ablehnung des Antrags. Vielmehr solle die Partei in der EU mit anderen Parteien wie etwa der ungarischen Regierungspartei Fidesz zusammenarbeiten. Die AfD erreiche nichts, wenn sie einen Austrittswillen erkläre. Es sei "weitaus klüger", mit anderen Parteien zu kooperieren. Die AfD bildet derzeit im Europaparlament eine Fraktionsgemeinschaft unter anderem mit der FPÖ, der italienischen Lega und der französischen Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen.

Meuthen hatte seine Partei zuvor dafür gefeiert, dass sie - anders als andere Parteien - auf eine Präsenzveranstaltung mit 570 Delegierten bestanden hatte. Die AfD wolle "zeigen, dass diese Verbotsorgien, dieses Einsperren, diesen Lockdown-Wahnsinn, dass es all das nicht braucht, wenn man den Menschen vertraut", sagte er zur Eröffnung der zweitägigen Veranstaltung mit Blick auf Corona.

Vor der Debatte über das Programm für die Bundestagswahl am 26. September verabschiedeten die Delegierten eine "Corona-Resolution". Darin fordert die Partei "jedweden, auch indirekten, Zwang zur Durchführung von Tests, Impfungen, unter anderem durch Einführung sogenannter Schnelltest-Apps und des grünen Impfpasses, sowie Benachteiligungen für Maskenbefreite zu unterlassen". Der Thüringer Landes- und Fraktionschef Bjön Höcke sprach im Zusammenhang mit Corona von einer "herbeigetesteten Pandemie" und einem "Test-Wahnsinn".

Eine Mehrheit der Delegierten votierte dafür, mit einem Spitzenduo in den Wahlkampf zu ziehen. Die Wahl dieses Zweierteams solle aber noch nicht auf dem Parteitag erfolgen. Stattdessen dürfen darüber zu einem späteren Zeitpunkt die Mitglieder der Partei entscheiden.

Der sächsische Landes- und Fraktionsvorsitzende, Jörg Urban, warb erfolglos für eine Wahl schon auf dem Parteitag. Er sagte, es sei "ein Gebot der Vernunft", dass die AfD die kurze Zeit bis zur Bundestagswahl am 26. September nutze, "um unsere Spitzenkandidaten bekannt zu machen". Als möglicher Spitzenkandidat ist unter anderem der sächsische Bundestagsabgeordnete und Co-Parteivorsitzende Tino Chrupalla im Gespräch. Auch die digitalpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Joana Cotar aus Hessen, kann sich womöglich Hoffnungen machen. Bei der Bundestagswahl 2017 bildeten Alexander Gauland und Alice Weidel das Spitzenteam.

Die AfD geht mit dem Slogan "Deutschland. Aber normal" in den Wahlkampf. Dem Nachrichtensender Phoenix sagte Cotar, damit sei auch das Gefühl gemeint, "dass konservativ, was früher vollkommen normal war, plötzlich irgendwie rechtsradikal sein soll".

Die "Normalität" sei in den vergangenen 16 Jahren von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den regierenden Parteien zerstört worden, sagte Meuthen, "begleitet von sozialistischen Oppositionsparteien wie den sogenannten Grünen und den Linken, denen diese Zerstörung sogar noch nicht weit und nicht schnell genug geht".

Meuthen wies der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am 6. Juni eine Schlüsselstellung bei den Wahlen dieses Jahres zu. "Wir haben, wenn wir es diesmal richtig angehen, bei dieser Wahl die große Chance, erstmals und sogar mit einigem Abstand zur stärksten politischen Kraft in einem Bundesland zu werden." Damit ginge erstmals in der Geschichte der AfD der Auftrag zu einer Regierungsbildung einher. Deshalb brauche man "maximalen Einsatz" für diesen Landtagswahlkampf.

Ein Antrag, Meuthen als Parteivorsitzenden vorzeitig abzuwählen, schaffte es am Samstag zwar nicht auf die Tagesordnung. Am Sonntag könnte jedoch über den Vorschlag abgestimmt werden, die Wiederwahl von Bundesvorstandsmitgliedern in Zukunft nur noch zweimal zu ermöglichen. Damit dürfte Meuthen bei der für Ende November geplanten Neuwahl der Parteispitze nicht mehr antreten.

Auf Meuthen angesprochen, sagte Höcke, vor Journalisten: "Ich habe ja eben sehr deutlich gemacht, dass Herr Meuthen in meinen Augen nicht das politisch-historisch-philosophische Tiefenbewusstsein besitzt, um diese Partei in ihrer Lage zu führen." Er besitze "nicht die Integrationsfähigkeit, um diese Partei zu führen - das hat er leider gezeigt."

Am Rande des Parteitages gab es Proteste. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich etwa 100 Menschen an einem Fahrradkorso. Am Morgen blockierten sie eine Zufahrtsstraße zum Messegelände, so dass viele Teilnehmer des Parteitages einen Umweg nehmen mussten. Auch unmittelbar vor der Messehalle protestierten Dutzende Menschen gegen die Politik der AfD.