So positive Perspektiven hätten sich vor drei Monaten selbst die größten Optimisten nicht erträumt. Mitte Jänner gehörte Portugal noch zu einem der weltweiten Corona-Hotspots schlechthin. Mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von fast 900 Fällen pro 100.000 Einwohner verzeichnete das Land die höchste Ansteckungsrate der Welt.

Die Intensivstationen waren zu 94 Prozent belegt. Die Bilder Dutzender Krankenwagen, die mit Covid-Patienten stundenlang vor der Notaufnahme des Lissaboner Hospitals Santa María warten mussten, bis Betten frei wurden, gingen um die Welt. Die Leichenhallen waren überfüllt. Im Jänner verzeichnet Portugal fast 5.600 Covid-Opfer. Rund 44 Prozent aller Corona-Toten seit Ausbruch der Pandemie.

Mit täglich über 13.000 Neuinfektionen und 300 Covid-Opfern befand sich das Gesundheitssystem Portugals vor dem Kollaps. Die Corona-Lage war so dramatisch, dass die portugiesische Regierung Mitte Jänner bereits seine europäischen Nachbarn um Hilfe bat. Während Deutschland Ärzte und Sanitäter der Bundeswehr nach Lissabon schickte, erklärten sich Österreich und Spanien bereit, schwerkranke Covid-Patienten zu übernehmen.

Nur drei Monate später sieht die Covid-Notlage in Portugal komplett anders aus. Mit einem Sieben-Tage Inzidenzwert unter 30 Fällen pro 100.000 Einwohner steht Portugal nach Island am besten von allen europäischen Staaten dar. Wie ist dem kleinen Urlaubsland am Atlantik - von der Fläche und der Bevölkerungszahl mit Österreich vergleichbar - so schnell die Corona-Kehrtwende gelungen?

Die Antwort ist einfach: Mit einem knallharten und vor allem landesweiten Lockdown. So gut wie alles wurde dicht gemacht. Eine 24-Stunden-Ausgangsperre für alle Bürger, die nur aus zwingendem Grund, etwa zum Einkaufen oder Arbeiten die Wohnung verlassen durften. Die Regierung verpflichtete alle Unternehmen gesetzlich, Homeoffice anzubieten, soweit dies möglich war. Schulen, Universitäten, die Gastronomie und Handel - außer Supermärkten - mussten schließen.

Spaziergänge und Sport an der frischen Luft waren nur für kurze Zeit und im Umfeld der eigenen Wohnung erlaubt. Generell durften die Portugiesen, bis auf ganz wenige regionale Unterschiede, den eigenen Landkreis an Wochenenden zwischen Freitagabend und Montagfrüh nicht verlassen. Kontakte waren auf den eigenen Hausstand beschränkt. Die Polizei überwachte die Einhaltung der Lockdownregeln streng. Um die rasant steigende Pandemie zu stoppen, riegelte sich das Land auch nach außen zwei Wochen lang komplett ab. Die Ein- und Ausreisen ohne triftigen Grund wurden verboten. Selbst die Landgrenze zu Spanien wird erst langsam wieder geöffnet.

Die Rechnung der Regierung ging auf, auch wenn die europaweit striktesten Lockdownregeln sehr schmerzhaft für die Bevölkerung waren. Nun will Portugal sozialistischer Ministerpräsident Antonio Costa sein Land langsam wieder in eine Normalität führen. Straßencafés und Restaurantterrassen dürfen unter der Woche wieder bis 22.30 Uhr öffnen, am Wochenende aber nur bis 13.00 Uhr. Maximal sind vier Personen pro Tisch erlaubt.

Aufch kleine Geschäfte bis 200 Quadratmeter und Museen öffnen wieder. Kinder bis 15 Jahren sollen wieder Präsenzunterricht bekommen. Der Zwang zum Homeoffice bleibt. Mitte April sollen dann sogar schon Kinos und Theater wieder Besucher empfangen dürfen. Schließlich ist für Anfang Mai der vorerst letzte Lockerungsschritt vorgesehen, und zwar die Öffnung von Innenräumen der Restaurants und Cafés für bis zu sechs Personen.

"Die Öffnung muss sehr vorsichtig geschehen", warnte Portugals Regierungschef Costa seine Landsleute. "Wir können kein Risiko eingehen, und wir dürfen das Erreichte nicht aufs Spiel setzen." Doch nur wenige Portugiesen hörten zu Ostern auf seinen Appell. Die Terrassen der Straßencafés und Restaurants in Lissabon und Porto waren voll. So wird sich in den kommenden Wochen zeigen, ob das "portugiesische Corona-Wunder" derart möglicherweise doch nicht von Ewigkeit sein dürfte. Vor allem die Urlaubsküste Algarve und die Ferieninsel Madeira machen Sorgen, wo die Ansteckungskurven schon wieder nach oben gehen.