"Um dies zu erreichen, müssen wir unmittelbar beginnen." Im Kampf gegen das Coronavirus drang sie auf internationale Zusammenarbeit bei der Suche nach einem Impfstoff und kündigte für kommendes Jahr einen globalen Gesundheitsgipfel im Rahmen der G20-Tagung in Italien an.

Durch einen solchen Gesundheitsgipfel solle erreicht werden, dass die Welt künftig besser auf Pandemien vorbereitet sei, sagte von der Leyen. Er soll gemeinsam mit der italienischen Präsidentschaft der Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) einberufen werden.

"Wir brauchen eine stärkere europäische Gesundheitsunion", unterstrich von der Leyen. "Der Zeitpunkt hierfür ist gekommen." Daher habe die Kommission eine Aufstockung der Finanzierung vorgeschlagen und wolle die Krisenvorsorge und das Krisenmanagement verstärken. Sie wolle zudem die Europäische Arzneimittelbehörde und das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten stärken sowie eine Europäische Agentur für biomedizinische Spitzenforschung aufbauen.

Die Corona-Pandemie habe gezeigt, wie zerbrechlich die Gemeinschaft sei, sagte von der Leyen. Im Kampf dagegen habe man einen Teil der Souveränität für die Gemeinschaft aufgegeben. "Wir haben gezeigt, was möglich ist, wenn wir Vertrauen zueinander und in die europäischen Institutionen haben." Das sei auch die Chance, eine Veränderung bewusst herbeizuführen.

Von der Leyen äußerte sich überzeugt, dass die Klimaziele zu erreichen seien. So sollten bis zum Sommer 2021 Vorschläge zur Förderung erneuerbarer Energien, zur Überarbeitung des Emissionshandels und zu mehr Energieeffizienz unterbreitet werden. Bisher hatte die EU-Kommission angepeilt, das Klimaziel für 2030 auf eine CO2-Einsparung von 50 bis 55 Prozent gegenüber 1990 zu erhöhen. Derzeit liegt dieses Ziel bei 40 Prozent.

Klima-Aktivistin Greta Thunberg reagierte kritisch auf den Vorschlag der Kommissionschefin. Für Wissenschafter und diejenigen, die der Ansicht seien, man solle die Versprechen des Pariser Weltklimaabkommens erfüllen, sei der Vorschlag nicht genug, schrieb die Schwedin am Mittwochabend auf Twitter.

Für Konzerne und Lobbyisten aus der Branche der fossilen Brennträger sei das Ziel dagegen in der Tat zu hoch. Damit reagierte die 17-Jährige auf einen Tweet, in dem von der Leyen davon sprach, dass eine Emissionsverringerung um mindestens 55 Prozent bis 2030 "für einige zu viel und nicht genug für andere" sei.

"Unser Wirtschaft könnte das hinbekommen, aber die Ökosysteme nicht. Und wir können mit der Natur nicht verhandeln", so Thunberg. Von der Leyen hatte am Mittwoch offiziell vorgeschlagen, den Ausstoß von Treibhausgasen in der EU bis 2030 um mindestens 55 Prozent unter den Wert von 1990 zu drücken - statt der bisher anvisierten 40 Prozent.

Mit Blick auf die seit Jahren blockierte Reform der Asyl- und Migrationspolitik rief von der Leyen die EU-Staaten zur Kompromissbereitschaft auf. "Wenn wir alle zu Kompromissen bereit sind - ohne unsere Prinzipien aufzugeben - können wir eine Lösung finden", sagte die deutsche Politikerin. Die Bilder des abgebrannten Flüchtlingslagers Moria in Griechenland hätten "uns schmerzhaft vor Augen geführt, dass Europa hier gemeinsam handeln muss".

Zum Thema Brexit warnte von der Leyen vor schwindenden Chancen auf Abschluss eines Handelsvertrages mit Großbritannien. Gleichzeitig forderte sie die britische Regierung zur Vertragstreue beim Brexit-Abkommen auf. "Dies ist eine Frage des Gesetzes, des Vertrauens und des guten Willens", sagte sie. Die Regierung in London rechnet trotz Widerstands in den eigenen Reihen mit einer Verabschiedung des umstrittenen Binnenmarktgesetzes. Dieses gefährdet den Brexit-Vertrag zum Ausscheiden Großbritanniens aus der EU und stellt damit auch den geplanten Handelsvertrag in Frage.

Von der Leyen kündigte weiters die Ernennung eines EU-Beauftragten für den Kampf gegen Rassismus an. So solle das Thema "ganz oben auf unserer Agenda gehalten werden". Brüssel werde gegen jegliche Art der Diskriminierung vorgehen, "egal ob wegen Rasse, Religion, Geschlecht oder Sexualität".

Die Kommissionspräsidentin übte dabei heftige Kritik an Polen. Mit Blick auf die Aktionen einzelner polnischer Gemeinden, die sich zu "Zonen, die von der LBTQI-Ideologie frei sind" ausgerufen hatten, sagte sie am Mittwoch: "Sogenannte LGBTQI-freie Zonen sind Zonen, in denen der Respekt vor Mitmenschen abhanden gekommen ist. Dafür gibt es in unserer Union keinen Platz."