Sarrazin hatte im März 2019 im Rahmen einer Veranstaltung in den Sofiensälen in Wien mit EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky und dem damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sein Buch "Feindliche Übernahme" präsentiert und den Islam als eine politische Ordnung bezeichnet, "die Meinungsfreiheit und Demokratie behindert".

Der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp reagierte am Donnerstag prompt auf den Rausschmiss Sarrazins aus der SPD - und bot dem geschassten Berliner Ex-Finanzsenator die Ehrenmitgliedschaft der FPÖ-Wien an. "Thilo Sarrazin hat in seinen Büchern wichtige Probleme in Zusammenhang mit der Islamisierung Europas und dem damit verbundenen Verlust der mitteleuropäischen Identität angesprochen", schrieb Nepp auf seiner Facebook-Seite. "Dafür wurde und wird er von weiten Kreisen des linken Establishments geächtet und verstoßen. Für mich ist er in Wien immer herzlich willkommen!"

Für FPÖ-Parlamentsklubobmann Herbert Kickl ist der Umstand, dass Sarrazin dem Vernehmen nach auch aus der SPD ausgeschlossen wurde, weil er im März an einer von den Freiheitlichen veranstalteten Podiumsdiskussion in Wien teilgenommen hatte, "ein Zeichen für die Bedrohung der Meinungsfreiheit" und "offenbar ein willkommener Vorwand, um einen unbequemen Querdenker endlich loszuwerden".

Die Schiedskommission der Berliner Landes-SPD bestätigte am Donnerstag den Parteiausschluss von Thilo Sarrazin. Die Entscheidung ist noch nicht endgültig, da Sarrazin den Ausschluss anfechten will. "Ich ziehe vor das Bundesschiedsgericht - mein Anwalt hat schon den entsprechenden Auftrag."

Der SPD-Spitzenpolitiker Ralf Stegner, bis vor kurzem Mitglied im Parteivorstand, reagierte am Donnerstag auf Twitter bereits erfreut: "Gut dass wir uns nicht länger für die törichten, dumpfen und rechten Sarrazin-Ergüsse zu Flüchtlingen, dem Islam oder anderen Geschmacklosigkeiten rechtfertigen müssen! Die Entscheidung war überfällig. Die SPD stand und steht für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität!"

Sarrazins anti-muslimische Thesen sorgen in Deutschland und auch in Österreich seit Jahren für heftige Diskussionen, Forderungen, ihn wegen parteischädigenden Verhaltens aus der SPD zu werfen, gab es ebenso lange. Die SPD-Spitze hatte 2009/10 und 2011 schon zweimal vergeblich den Ausschluss Sarrazins betrieben.

Der im Februar 1945 in Gera geborene Sarrazin begann seine Karriere als Beamter im deutschen Finanzministerium. Als Finanzsenator in der überschuldeten Hauptstadt Berlin setzte Sarrazin dann zusammen mit dem damaligen Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) einen drastischen Sparkurs durch und verhalf dem Land 2007 und 2008 zu den ersten ausgeglichenen Haushalten seit 1949. Gleichzeitig sorgte er mit provokanten Äußerungen über angeblich faule Hartz-IV-Empfänger für Aufsehen und heftige Kritik auch in der eigenen Partei.