Mit einem "Trommelwirbel bitte" leitet der nach Eigenangaben weltweit größte Reiseverlag die Hymne auf Mozarts Geburtsstadt ein. "Die Salzburger Festspiele werden 100 und der Herzensbrecher einer Alpenstadt preist das Jubiläum in höchsten Tönen." Seit 15 Jahren kürt "Lonely Planet" jährlich zehn Top-Städte, -Länder und -Regionen, das Ranking wird von fünf Experten unabhängig und ohne jegliche wirtschaftliche Beeinflussung erstellt, erläuterte am Dienstag Becky Henderson, Europa-Managerin der Verlages, bei einem Mediengespräch. Hinter Salzburg wurden für 2020 die Städte Washington DC, Kairo, Galway (Irland) und Bonn gelistet. In der Länderkategorie liegt Buthan voran, als Top-Region wurde die Seidenstraße in Zentralasien angegeben. Österreich kommt im Ranking 2020 sonst nicht vor.

Ausschlaggebend bei der Kür sind laut Henderson die Themen der Stadt, das unvergleichliche Erlebnis und der "Wow-Effekt". Und hier habe Salzburg neben den Festspielen mit der barocken Altstadt als UNESCO-Weltkulturerbe, der Hochkultur von Ausstellungen bis Konzerten, der mittelalterlichen Festung und dem Bergpanorama wahnsinnig viel zu bieten. Eine Aufzählung, die Salzburgs Bürgermeister Harald Preuner heute als Steilvorlage diente: "In Zeiten, in denen wir über Massentourismus reden, ist das ein klarer Kontrapunkt. Es geht um den Qualitätstourismus, weil sich diese Sachen nicht in zwei Stunden erleben lassen. Es zielt auf eine Verlängerung der Aufenthaltsdauer ab."

Dass der heutige "Ritterschlag" mehr Gäste nach Salzburg spülen wird, ist laut Henderson aus der Erfahrung früherer Sieger-Städte zu erwarten, allein schon deswegen, weil die Nennungen meist mit Ereignissen zusammenfallen, wie in Salzburg mit dem Festspiel-Geburtstag. Und dass die Touristenmassen längst nicht mehr von allen Einheimischen als Segen empfunden werden, ist auch Preuner und Bert Brugger, Chef der Tourismus Salzburg GmbH (TSG), klar. Die heutige Auszeichnung ziele aber eindeutig auf den Nächtigungstourismus ab, und der sei nicht das Problem, so Brugger.

Dieses ortet er vor allem bei jenen 60 Prozent der Bustouristen, die nicht in Salzburg übernachten, und bei den vielen Sommerurlaubern im Umland, die die Stadt als Schlechtwetterprogramm nutzen. Bei den Reisebussen hat Salzburg bereits mit einem Reservierungssystem mit fixen Slots reagiert, und für die Sommermonate wurde ein Bus-Shuttle vom Parkplatz bei Messezentrum eingerichtet. "Im Hochsommer und im Advent stoßen wir an die Belastungsgrenzen", räumte Brugger ein.

Daher sei man gerade auf der Suche nach einem Kompetenzpartner, mit dem Modelle entwickelt werden sollen, wie die Massen besser gelenkt werden können, welche "Interventionen" ergriffen werden sollten. Dazu sei auch die Auswertung vieler Daten, etwa von Bewegungsprofilen, Verkehrsströmen etc., erforderlich. Ergebnisse stellte Brugger für die kommenden ein bis drei Jahre in Aussicht. Zudem führe die TSG gemeinsam mit Salzburg Research gerade eine Umfrage durch, bei der alle Einheimischen eingeladen werden, Ideen für ein besseres Miteinander zu entwickeln.

Eines kommt für Preuner jedenfalls nicht infrage: eine Zutrittsbeschränkung, wie sie zurzeit beispielsweise in Venedig diskutiert wird. "Das kann für Salzburg nicht der Weg sein, wir wollen eine offene, eine weltoffene Stadt bleiben."